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Verschiedene Christmas-Ideologien

„Zeig mir Deine Weihnachtskarten, und ich sage Dir, wer Du bist“: Nach diesem Motto könnte man historisch-kritisch-politologisch die Weihnachtskarten der US-Präsidenten von George Washington bis Barack Obama analysieren. Auch wenn der Aufwand nicht lohnen mag - ein erster Blick zeigt zumindest Muster auf.

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Eigentlich muss man korrekterweise mit dem ersten Präsidenten der USA beginnen, also George Washington - obwohl es die Tradition, Weihnachtskarten zu verschicken, erst seit dem 19. Jahrhundert gibt und Washingtons Amtszeit 1797 endete. Washington schickte demgemäß keine Gratulationskarten, aber immerhin zahlreiche Einladungen zu Weihnachtsfeiern. Und: Ein oft von US-Patrioten verwendetes Motiv für Weihnachtskarten geht auf ihn zurück.

Denn aus Kriegslist, so will es zumindest die Überlieferung, überquerte er höchstpersönlich am Weihnachtstag des Jahres 1776 mit seiner Truppe den Delaware River, überraschte den Feind und entschied somit eine wichtige Schlacht für sich. Davon existiert ein berühmtes Gemälde von Emanuel Letuze, das später immer wieder als Grußkartenmotiv verwendet wurde - trotz, oder gerade wegen seiner Fehler. Denn die US-Flagge gab es so damals noch nicht, und in dem dargestellten Boot hätten die Soldaten nie übersetzt werden können. Diese und ähnliche Geschichten über US-Präsidenten und Weihnachten finden sich auf der ausladenden Website Whitehousechristmascards.com.

Obamas Holiday Card 2011

White House/Mark Matuszak

Die aktuelle Weihnachtskarte der Obamas

Wo die Religion bleibt

Aber man muss nicht in die Vergangenheit blicken, um Hinweise für wenig friedfertigen Festtagsaktionismus zu finden: Knallhart und unbarmherzig kritisierte Sarah Palin, einstige republikanische Zukunftshoffnung, auf Fox News den amtierenden US-Präsidenten Obama für seine diesjährige Weihnachtskarte. Auf den ersten Blick mag das verwundern ob der scheinbaren Harmlosigkeit des Dargestellten.

Man sieht einen Raum im Weißen Haus: ein Gabentisch, Weihnachtsschmuck rund um den Kamin, vor dem der Obama-Familienhund „Bo“ auf dem Perserteppich liegt. Den Perserteppich muss Palin übersehen haben - sie hätte ihn als Hinweis dafür deuten können, dass Obama doch Moslem und Sympathisant des iranischen Regimes ist. Aber Palin kritisiert nicht das, was auf der Karte zu sehen ist, sondern das, was ihrer Meinung nach fehlt: Symbole für „traditionelle US-Werte“. Es sind also keine religiösen Motive zu sehen, nichts, was Werte wie die Familie oder Freiheit repräsentiert.

„Zu-Hause-Gefühl“ statt Einkehr

Jener Künstler, der die umstrittene Weihnachtskarte für die Obamas entworfen hat, stellte sich in einem Telefoninterview mit der „Los Angeles Times“ den harten Vorwürfen. Er erklärt das Zustandekommen des Arrangements so: „Die Obamas wollten eine Innenansicht, etwas, das ein ‚Zu-Hause-Gefühl‘ transportiert. Bald stand auch die Idee im Raum, ‚Bo‘ dazuzunehmen. Also habe ich gesagt: ‚Lasst uns Bo doch vor den Kamin setzen!‘“ Als Text ist auf der Karte zu lesen: „Von unserer Familie an Ihre: Mögen Ihre Ferien im Glanz der Feiertage erstrahlen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Obamas Weihnachtskarten für Aufregung sorgen. Auch 2009 fand sich kein Hinweis auf das traditionelle Weihnachtsfest auf der Karte, was den republikanischen Kongressabgeordneten Henry Brown auf die Weihnachtspalme brachte - natürlich wurde das auch damals von Fox News transportiert: „Ich finde, eine Weihnachtskarte ohne jeden Hinweis auf den Grund des Festes und seinen Sinn zu versenden, reduziert Weihnachten auf einen ‚politisch korrekten‘ Feiertag.“ Der Abgeordnete aus South Caroline meinte das offenbar negativ.

Bush und Clinton

Längst kann man die Weihnachtskarten von demokratischen Präsidenten auf den ersten Blick von jenen ihrer republikanischen Pendants unterscheiden, wie die „Los Angeles Times“ beobachtet hat. Wenig überraschend waren auf den Karten von George W. Bush viele religiöse Bezüge zu finden, bis hin zu Bibelzitaten anstelle von persönlichen Worten. Geht man etwas weiter zurück, zu Bill Clinton, ergibt sich freilich wieder ein ganz anderes Bild. Clinton war letztlich für seinen unkonventionellen Zugang zu traditionellen Familienwerten und religiöser Lebensführung bekannt. Seine Weihnachtskarten waren wie jene Obamas säkular.

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