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Nur „Notmaßnahme“

Auf Europas Banken rollt im neuen Jahr eine riesige Refinanzierungswelle zu. 725 Milliarden Euro an Schulden laufen aus und müssen zurückgezahlt oder verlängert werden, 280 Milliarden davon schon im ersten Quartal. Ohne die Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB) werden das die Institute kaum schaffen.

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Das zeigte die enorme Nachfrage nach den erstmalig aufgelegten Kreditlinien der Notenbank mit drei Jahren Laufzeit: Die Institute riefen vergangene Woche fast eine halbe Billion Euro ab. 523 Geschäftsbanken machten im großen Stil von dem neuen Angebot der Notenbank Gebrauch, sich günstig mit Geld zu versorgen, wie die EZB in Frankfurt am Main mitteilte. Zu einem Zinssatz von einem Prozent liehen sich die Kredithäuser insgesamt 489,19 Milliarden Euro.

Maßnahme gegen Kreditklemme

EZB-Präsident Mario Draghi hatte diesen Schritt Anfang Dezember angekündigt. Es ist das erste Mal in der Geschichte der EZB, dass diese den Banken Liquidität mit einer so langen Laufzeit leiht. Die Währungshüter wollen damit verhindern, dass es zu einer Kreditklemme im Euro-Raum kommt und die Banken nicht mehr ausreichend Geld an ihre Kunden verleihen. Für die Geldhäuser ist es derzeit schwierig, sich bei anderen Geschäftsbanken mit Finanzen zu versorgen. Zu groß ist das Misstrauen der Banken untereinander.

Die Branche zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis des neuen EZB-Programms. Zusammen mit bereits in den Wochen und Monaten zuvor gestarteten Programmen erleichtere die neue Aktion der EZB den Banken in einer schwierigen Phase die Refinanzierung, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer. Gleichzeitig mahnte er: „Dies sind jedoch alles Notmaßnahmen, die einen funktionsfähigen Interbankenmarkt nicht ersetzen können.“ Es sei wichtig, dass das Vertrauen der Kredithäuser untereinander zurückkehre.

„Man hortet Cash“

Die von vielen befürchtete Kreditklemme gilt zudem noch lange nicht abgewendet. Denn das meiste Geld, das sich die Institute besorgen, horten sie anschließend wieder bei der EZB. Nicht nur die strengeren Eigenkapitalanforderungen lassen die Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger werden, auch und vor allem die alles lähmende Unsicherheit darüber, wie es in Europa weitergeht.

„Vor einem Jahr hat man sich das schlimmste Szenario, ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone, noch gar nicht vorstellen können“, sagt Analyst Juan Valencia von Societe Generale. „Jetzt wird das immer wahrscheinlicher. Der Markt hat schon begonnen, sich darauf vorzubereiten. Man hortet Cash.“

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