Veraltete Infrastruktur
In Berlin ist am Donnerstag der Schnellbahnverkehr wegen eines technischen Defekts zusammengebrochen. Den Osten ausgenommen, war fast das gesamte Stadtgebiet betroffen. Erste Garnituren standen zu Mittag still. Tausende von Fahrgästen waren eingeschlossen.
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Nach Angaben der Deutschen Bahn war der Grund für den Beinahe-Totalstillstand ein Stromausfall an einem Stellwerk. Betroffen waren neben der S-Bahn auch der Regional- und Fernverkehr im Westen der deutschen Bundeshauptstadt. Der Verkehr wurde umgeleitet.
Täglich nutzen rund 1,3 Millionen Menschen die Berliner S-Bahn. Seit Jahren heißt es, ihre Infrastruktur sei vollkommen veraltet und deshalb entsprechend störungsanfällig. U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse fuhren ungestört, dort drängten sich die Fahrgäste.
Gefährliche Selbst-„Befreiung“
Etwa eine Dreiviertelstunde nach dem Ausfall um 11.45 Uhr setzten sich die Fern- und Regionalzüge wieder in Bewegung, es gab aber bis in den Nachmittag hinein Verspätungen. Die ersten S-Bahn-Züge fuhren nach zwei Stunden wieder. Die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die U-Bahnen, Trams und Busse unabhängig von der S-Bahn betreiben, mussten den Ausfall ausgleichen und setzten längere Züge ein.

Reuters/Fabrizio Bensch
Laut Polizei mussten einige S-Bahn-Züge noch einmal anhalten, weil Fahrgäste sich per Nothebel befreit und den lebensgefährlichen Gang über die Gleise angetreten hatten - daneben verlaufen auf Kniehöhe Stromschienen.
Panne an zentralem Stellwerk
Ursache des Ausfalls war ein Kurzschluss bei Bauarbeiten auf dem Gelände des Stellwerks Halensee im Westen der Hauptstadt, hieß es von der Polizei in Berlin. Die Anlage steuert den größten Teil des Berliner S-Bahn-Verkehrs. „Wir haben keine Hinweise auf einen Anschlag.“ Im Frühjahr hatte ein Brandanschlag am Ostkreuz die Züge zusätzlich aus den Takt gebracht. Am Abend äußerte sich auch die S-Bahn selbst zu den Ursachen der Panne. Die war „ein technischer Defekt bei planmäßigen Wartungsarbeiten“, hieß es. Dabei wurde ein Wechselrichter (der Gleich- in Wechselstrom umwandelt, Anm.) zerstört.
Der Berliner Stadtsenat machte am Donnerstag umgehend Druck auf den Betreiber, eine Tochter der Deutschen Bahn: „Ich hoffe, dass die S-Bahn ihr technisches Problem heute noch und so schnell wie möglich in den Griff bekommt“, teilte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) mit. „Dass die gesamten Züge der S-Bahn durch einen einzigen Stellwerkdefekt ausfallen, ist kaum vorstellbar.“
Leidgeprüfte Öffi-Fahrer
Berliner S-Bahn-Kunden sind leidgeprüft. Seit zweieinhalb Jahren schafft das Unternehmen nach Wartungsmängeln, Technikproblemen und Missmanagement keinen Normalbetrieb mehr. Im Stellwerk Halensee befindet sich die Betriebszentrale der S-Bahn, in der alle elektronischen S-Bahn-Stellwerke der Metropole gebündelt werden. Es gibt aber auch noch einige alte mechanische Stellwerke, vor allem in Außenbezirken. Dass auch der Regional- und Fernverkehr gestört war, konnte ein S-Bahn-Sprecher nicht erklären. Die S-Bahn fährt auf einem eigenen Schienennetz getrennt vom übrigen Bahnverkehr.
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