Staatsanwaltschaft forderte Freispruch
Der Prozess gegen den französischen Ex-Präsidenten Jacques Chirac ist mit einem Schuldspruch wegen Veruntreuung und Vertrauensbruchs zu Ende gegangen. Der Richter folgte damit am Donnerstag nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die Ende September einen Freispruch gefordert hatte. Chirac wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
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Dem 79-Jährigen wurden Veruntreuung und Vertrauensbruch während seiner Zeit als Pariser Bürgermeister vor mehr als zwei Jahrzehnten zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft hatte Ende September einen Freispruch gefordert, da sich keine Straftat nachweisen lasse. „Jacques Chirac war nicht der Rechtschaffenheit verpflichtet, die öffentliche Personen zeigen sollten“, sagte Richter Dominique Pauthe in seiner Begründung.
Urteil noch nicht anerkannt
Chiracs Anwalt Georges Kiejman betonte im Nachrichtensender BFM-TV, er wolle mit seinem Mandanten zunächst die Begründung des Urteils studieren. Danach werde über die weiteren Schritte entschieden. „Wir werden heute Abend sehen, ob er das Urteil anerkennen wird.“ Der Anwalt der Nebenkläger, Jerome Karsenti, sprach von einer „historischen Entscheidung der Justiz“.
Chirac soll in seiner Zeit als Bürgermeister von Paris (1977 bis 1995) Parteifreunden Gefälligkeitsjobs gegeben haben. 28 Männer und Frauen sollen auf der Gehaltsliste des Rathauses gestanden sein, in Wirklichkeit aber vor allem für Chiracs UMP-Vorgängerpartei RPR gearbeitet haben. Er hat bisher stets bestritten, etwas Illegales getan zu haben.
Wegen Gesundheitsproblemen abwesend
Der Altpräsident war zu dem dreiwöchigen Prozess nicht selbst erschienen. Das Gericht hatte auf eine Vernehmung verzichtet, da der 79-Jährige laut einem ärztlichen Gutachten unter Gedächtnislücken leidet. In einer schriftlichen Erklärung zu Prozessende betonte Chirac Ende September noch einmal seine Unschuld: „Ich habe keinen Fehler begangen, weder einen strafrechtlichen noch einen moralischen“, sagte er. Er war während seiner Amtszeit vor jeder Strafverfolgung geschützt und hat bisher stets illegale Tätigkeiten bestritten. Die Anklage wurde erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt möglich.
Die Stadt Paris hatte sich bereits mit dem Ex-Präsidenten auf eine Entschädigung geeinigt und daraufhin ihre Klage zurückgezogen. Übrig blieb die Anti-Korruptionsvereinigung Anticor als Nebenkläger. Bei Chiracs Verurteilung handelt es sich um den ersten Schuldspruch gegen ein französisches Staatsoberhaupt seit der Verurteilung von Philippe Petain als Nazi-Kollaborateur 1945.
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