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Schlechte Werte nach der Abrechnung

Der deutsche Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich mit seiner Selbst- und Politabrechnung in Buchform alles andere als beliebt gemacht. Nicht nur seine Parteikollegen gehen auf Distanz zu Guttenberg. Auch in der Bevölkerung hat das Image des Politikers, der über eine teils abgeschriebene Doktorarbeit gestolpert ist, gelitten.

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Die Deutschen sehen eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik einer Umfrage zufolge zunehmend skeptisch. 51 Prozent lehnen ein Comeback des CSU-Politikers laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage für das Magazin „stern“ ab. Nur noch 49 Prozent sind dafür. Nach seinem Rücktritt im März wegen seiner in weiten Teilen abgeschriebenen Doktorarbeit hatten sich noch 62 Prozent dafür ausgesprochen, dass er in absehbarer Zeit wieder ein hohes Amt übernimmt.

Glaubwürdigkeitsproblem für Guttenberg

53 Prozent halten den einstigen Star der CSU für wenig glaubwürdig, 47 Prozent schenken ihm Vertrauen. Kaum punkten kann Guttenberg der Forsa-Umfrage zufolge auch gegen andere hohe Politiker. Nur gegenüber dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) schnitt er besser ab: 64 Prozent meinten, Guttenberg wäre als Außenminister besser geeignet.

Wenige Chancen hätte eine „Guttenberg-Partei“. Nur 15 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, eine solche Gruppierung zu wählen. Schaut man auf sein mit dem „Zeit“-Herausgeber Giovanni di Lorenzo verfasstes Interviewbuch „Vorerst gescheitert“, dann hat Guttenberg nicht mehr viele innerparteiliche Freunde.

Guttenberg und die Doktorarbeit

„Unglaubliche Dummheit“, „ungeheuerlicher Fehler“, „unglaublich schlecht“: Mit solchen Worten geißelt Karl-Theodor zu Guttenberg die Arbeitsweise beim Erstellen seiner Dissertation. Er weist aber nach wie vor den Betrugsvorwurf zurück. „Ich habe diese Sätze schlicht für meine eigenen gehalten“, sagt er zu der Tatsache, dass selbst ein Teil seiner Einleitung nicht von ihm stammt.

Viele bekommen ihr Fett ab

Guttenberg übt in dem Band ja nicht nur Selbstkritik, sondern teilt auch an andere aus. Der Universität Bayreuth wirft er vor, ihn verurteilt zu haben, um den eigenen Ruf zu schützen. Die CDU-Politiker Wolfgang Böhmer, Annette Schavan und Norbert Lammert seien ihm in der kritischen Phase der Affäre ohne Vorwarnung in den Rücken gefallen.

Der CSU spricht er den Rang der Volkspartei ab. Die CSU-Schelte hat viele in seiner Parteil überrascht. Kurz nach seinem Rücktritt hatte Guttenberg noch versichert: „Oberfranken werde ich aber nicht im Stich lassen. Ebenso wenig meine politische Heimat, die CSU.“

Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg

Reuters/Tobias Schwarz

Informierte Guttenberg bereits 2010 die Kanzlerin, dass er die Politik am Ende seiner Legislaturzeit verlassen wolle? Das behauptet er nun in seiner Biografie.

Raunen im Text: Programm für eine neue Kraft?

Jetzt spricht Guttenberg davon, dass er „zurzeit“ Mitglied der CSU sei. Gleichzeitig entwirft er über mehrere Seiten eine Art Parteiprogramm für eine neue Kraft der Mitte. Politiker seiner Partei könnte aber eine Passage überrascht haben: die Behauptung, dass Guttenberg auch ohne die Plagiatsaffäre vor dem Ende der Legislaturperiode 2013 zurückgetreten wäre. Er habe sich nicht zu sehr vom Politikbetrieb vereinnahmen lassen wollen, lässt Guttenberg schreiben. Angeblich sollen Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer davon informiert worden sein. Seehofer dementierte solche Erkenntnisse.

„Viele sind wie ich über alle Maßen loyal zu Karl-Theodor gewesen. Doch was er jetzt tut, überschreitet die Grenze des Hinnehmbaren“, meint der Vizechef des oberfränkischen CSU-Bezirksverbands, Thomas Silberhorn. Der Bamberger Bundestagsabgeordnete ist der erste CSU-Politiker aus Guttenbergs oberfränkischer Heimat, der den Freiherrn so deutlich kritisiert. Das ist vor allem von Bedeutung, weil Guttenberg in Oberfranken wieder für den Bundestag nominiert werden müsste.

„Demut tut jedem Politiker gut“

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ging ebenfalls auf Distanz, wenn auch weniger scharf. Zur Kritik Guttenbergs an der CSU, der Universität Bayreuth und CDU-Politikern sagte Hasselfeldt in Berlin: „Es war sicher eine durchdachte Marketingstrategie. Ob sie unterm Strich optimal läuft, ist meines Erachtens durchaus fraglich.“ Sie glaube, dass ein Stück Demut jedem Politiker guttue.

Seehofer will das Buch nicht lesen, wie er am Rande einer Landtagssitzung sagte. Nach seiner Darstellung stimmen manche Schilderungen Guttenbergs nicht mit seinem eigenen Wissen überein. So habe er von einer Rücktrittsabsicht Guttenbergs für das Jahr 2013 nichts gewusst, von der Guttenberg in dem Buch erzählt.

Ein Doppelgänger von Matthäus?

In den Medien feixt man jedenfalls über den neuen Fall Guttenberg. Der „stern“ (Onlineausgabe) brachte am Dienstag einen Bericht, der den - mittlerweile brillenlosen - Franken Guttenberg mit einem anderen Franken in Verbindung bringt: Lothar Matthäus. Beide, so suggeriert die Bildergalerie des „stern“, hätten frappierende Ähnlichkeiten. Und prompt kam auch Lob von einem, von dem viele gar nicht gelobt werden wollen. Matthäus ist in einem neuen Bericht der „Bunten“ jedenfalls voll des Lobs für Guttenberg.

Weiter Wind wird der Fall aufwirbeln. Auf Amazon.de beklagen Nutzer, negative User-Kritiken über das Buch würden gelöscht. Beim Verlag Herder soll die Startauflage des Bandes von 80.000 Stück jedenfalls bereits an Händler verkauft sein.

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