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Potenzial ist vorhanden

Die Ethno-Supermärkte boomen, aber auch die heimischen Handelsketten haben den Trend zur Exotik erkannt. Sei es bei Zielpunkt, Spar oder Billa: In immer mehr Filialen, wo erhöhtes Kaufkraftpotenzial vermutet wird, gibt es Bereiche mit exotischen Lebensmitteln. Doch ihr Potenzial haben sie noch nicht ausgeschöpft, sagt Wolfgang Richter vom Standortberater Regioplan.

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„Der eingesessene Handel tut sich noch schwer damit", sagt Richter. Und das, obwohl die Kaufkraft der Menschen mit Migrationshintergrund mit 20 Milliarden Euro groß sei. Das entspricht etwa der Kaufkraft des Bundeslandes Steiermark“, so Richter nach Berechnungen der RegioData Research. Aber das Ganze sei ein emotionales Thema, sagt Richter und erinnert an die Aufregung rund um die türkisch beschrifteten Milchpackungen der niederösterreichischen Molkerei NÖM.

Aber „ein bisschen mehr wäre drin“, sagt Richter. Die alteingesessenen Handelsketten würden diese Zielgruppe in ihrem Auftritt nur peripher ansprechen. „Die Marketingstrategien sind anders ausgerichtet. Die meisten werben besonders mit Bioprodukten.“ Denn da sei das Potenzial noch größer, so Richter.

Kampf um die Kunden?

Der eingesessene Lebensmittelhandel und die exotischen Supermärkte beißen sich nicht, sagt Richter. Die beiden hätten unterschiedliche Zielgruppen. Die Österreicher, die Lemongrass, Bambussprossen oder Guacamole-Sauce kaufen wollen, tun das eher in der Exotik-Ecke des Supermarkts. „Vieles, das in den Ethno-Supermärkten angeboten wird, ist nicht interessant. Die Kunden können die Beschriftung nicht lesen.“ Aber es sei eindeutig, dass die Österreicher immer öfter in den exotischen Lebensmittelgeschäften einkaufen. Es beginne sich zu durchmischen, so Richter.

Eine Ergänzung des Angebots sieht Klaus Puza von der Wirtschaftskammer Wien. Die alteingesessenen Supermärkte hätten ein beschränktes Potenzial. „Wenn jemand etwas Besonderes sucht, kauft er in einem Ethno-Shop ein.“ Die Bevölkerung teilt sich in zwei Gruppen auf, sagt Puza. Auf der einen Seite gibt es den Masseneinkauf. „Die Menschen wollen günstig und praktisch mit dem Auto einkaufen gehen. Der Preis ist wichtig.“ Auf der anderen Seite wolle man sich an besonderen Tagen etwas gönnen, und davon leben Spezialitätengeschäfte wie die Ethno-Supermärkte.

Ethno-Supermärkte werden „professionalisiert“

Es werde der gleiche Trend im Kleineren stattfinden wie sonst im Lebensmittelhandel, sagt Richter. „Die Supermärkte werden zunehmend professionalisiert. Es wird gut organisierte Filialstrukturen geben, die wissen, wie man Marketing macht.“ Teilweise gebe es schon mehrere Filialen, nicht mehr nur kleine Geschäfte. Ein Beispiel sei die Supermarktkette Aycan, die bereits an 15 Standorten türkische Waren verkauft. „Der Zenit ist noch nicht erreicht“, sagt Richter. Er geht davon aus, dass es noch wesentlich mehr Ethno-Supermärkte in Wien geben wird.

Das sieht Puza anders. Er glaubt, dass sich die „Community“ gefestigt hat und in den nächsten Jahren nicht mehr so viele neue Ethno-Supermärkte eröffnen. Man habe gemerkt, dass dieser Markt in den letzten zehn Jahren richtig angelaufen ist. In den letzten fünf Jahren habe es eine Steigerung gegeben, doch seit eineinhalb Jahren gebe es Stillstand in der Branche. Er sieht das Potenzial des reinen Verkaufsmarkts problematisch. „Ein Laden muss sich erst einen Namen machen.“ Ein Imbissbereich dazu oder ein Zustellservice wären eine Möglichkeit, um wirtschaftlich zu funktionieren.

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