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„Patienten können Daten ausblenden“

Für Österreichs Patientenanwälte ist die Debatte über den Elektronischen Gesundheitsakt (ELGA) klar. Bei allen Nachteilen würden für die Patienten vor allem Vorteile überwiegen. ELGA sei ein Mittel moderner Kommunikation, so die Patientenanwälte. Die Ärztevertreter legen dagegen eine neue Umfrage vor, die laut Ärzten die ELGA-Skepsis stützt.

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Die Patientenanwälte, die seit Donnerstag in Klagenfurt tagen, sprechen sich für ELGA aus. Patienten hätten dadurch mehr Vor- als Nachteile. Eine Kontroverse gibt es über den geplanten Pflegeanwaltsbeirat - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Ja von den Patientenanwälten

Kärntens Gesundheitsreferent Peter Kaiser (SPÖ) und Gerald Bachinger, der aus Niederösterreich stammende Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Patientenanwälte, zeigten sich auf der Patientenanwaltstagung einig. Doppelgleisigkeiten könnten vermieden werden, und die Qualitätssicherheit für den einzelnen Patienten würde steigen, so die beiden. Für die Ablehnung der Ärztekammer und deren derzeit laufende Kampagne gegen ELGA zeigte Bachinger kein Verständnis.

„Keine Zwangsverpflichtung“

„Es gibt keine Zwangsverpflichtung. Es war von Anfang an klar, dass es auf jeden Fall die Möglichkeit des vollkommenen Opt-outs aus ELGA gibt. Ich kann als Patient, wenn mir Datenschutz wichtig ist, Daten ganz oder teilweise aus ELGA ausblenden“, so Bachinger. Genau das monieren die Ärzte, die argumentieren, dass man keine Garantie auf vollständige Datensätze habe. Zudem müsste ein Arzt vor einer Behandlung alle ELGA-Daten zu Kenntnis nehmen und sei dafür haftbar, so etwa die Argumentation Wiener Ärztevertreter am Donnerstag.

„Um Österreich in Gesundheitsfragen vorwärts zu bringen, stellt die Einführung von ELGA einen wichtigen Beitrag dar, insbesondere auch zur Vermeidung falscher Medikationen und zur Erhöhung der modernen Kommunikation“, sagte Gesundheitsreferent Kaiser. ELGA ermögliche eine rasche und umfassende Dateninformation über Patienten und trage entscheidend zur Beseitigung von Doppelgleisigkeiten bei, so Kaiser weiter.

Wiener Ärzte verweisen auf neue Umfrage

Die niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer Wien verwiesen dagegen am Freitag auf eine aktuelle IMAS-Umfrage, wonach die Österreicher zwar klar für ELGA seien, aber keine präzisen Vorstellungen zum Elektronischen Gesundheitsakt hätten.

„Auf der einen Seite halten zwar 74 Prozent ELGA grundsätzlich für eine gute Idee. Auf der anderen Seite haben aber satte 72 Prozent keine beziehungsweise nur eine ungefähre Vorstellung davon, was mit ELGA überhaupt gemeint ist“, sagte Johannes Steinhart, Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Wiener Ärztekammer. Die Ärztekammer darf sich freilich in diesem Kontext die Frage gefallen lassen, ob sie mit ihren Zeitungskampagnen zur Information der Patienten beiträgt.

Frage man bei den Österreicherinnen und Österreichern genauer nach, kommt laut Steinhart ans Tageslicht, dass „sich die Umfrageergebnisse in vielen Punkten mit unseren Bedenken und Befürchtungen decken“. Zwei Drittel der Befragten wollten unter allen Umständen, dass die Teilnahme an ELGA freiwillig erfolge. „Im aktuellen Gesetzesentwurf ist jedoch vorgesehen, dass alle Patientinnen und Patienten automatisch bei ELGA dabei sind, sofern sie nicht von sich aus Einspruch erheben, also aus dem System hinausoptieren“, so Steinhart.

Verweis auf Sicherheitsbedenken

Auch was die Sicherheit und den Datenschutz betreffe, sind die Österreicherinnen und Österreicher laut Steinhart skeptisch. „65 Prozent befürchten, dass es durch ELGA zu einer missbräuchlichen Verwendung von Krankheitsdaten durch Arbeitgeber und Privatversicherungen kommen kann. Fast ebenso viele, nämlich 63 Prozent, glauben, dass die Anonymität der Patientendaten nicht mehr gesichert wäre, weil zu viele verschiedene Stellen Einblick in die Gesundheitsakte bekommen würden“, so der Ärztevertreter via Aussendung.

Die für ELGA veranschlagten Geldmittel sollten lieber in neue und verbesserte medizinische Leistungen investiert werden, lautete auch am Freitag einmal mehr die Losung der Ärztevertreter.

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