„Sektenähnliche Struktur“
Einer der größten Kritikpunkte des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) bezieht sich auf die Verkaufspraktiken der Berater des Finanzdienstleisters AWD. Sie würden von Beginn an unter massiven, systematischen Verkaufsdruck gesetzt, so der VKI in seiner Strafanzeige.
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Das AWD-Vergütungsmodell mache seine Berater durch Vorschüsse auf noch nicht fällige Provisionen und durch „Linearisierung“ (monatlich gleich hohe Vorauszahlungen auch auf noch gar nicht abgeschlossene Geschäfte) abhängig. Durch „ständiges Herausstellen von Verkaufserfolgen“ würden die Berater auf „aggressives Verkaufen getrimmt“.
„Pyramidenartiges System“
So habe es zwischen den verschiedenen AWD-Direktionen in Österreich sogar „Telefonwettkämpfe im Keilen von Kunden“ gegeben. „Glanzvolle Veranstaltungen“ sollten den Mitarbeitern signalisieren: „Uns gehört die Welt.“ Einige Ex-AWD-„Agenten“, so der VKI, hätten das als geradezu „sektenähnliche Struktur“ bezeichnet.
An der Spitze des „pyramidenartig aufgebauten Systems“ steht laut den Konsumentenschützern Carsten Maschmeyer, „der in einem Video-Spot im Cockpit einer Airline den ständigen Aufstieg durch erfolgreiches Verkaufen predigt“.
Schlechte wirtschaftliche Ausbildung?
Bemängelt werden auch die fehlende wirtschaftliche Kenntnis der AWD-Berater und die interne „Ausbildung“, die im Wesentlichen aus Verkaufstraining und Produktschulungen bestehe. Im Falle von Immofinanz seien die Schulungen von Mitarbeitern der depotführenden Constantia Privatbank (CPB), die gleichzeitig Aktionärin der Immofinanz gewesen sei, durchgeführt worden - laut VKI ein Interessenkonflikt.
Auf das Kundeninteresse nach Sicherheit und Liquidität habe der AWD keinerlei Rücksicht genommen, stattdessen habe man Immobilienaktien übergewichtet, weil diese höhere Provisionen gebracht hätten. „Die Geschäftsführer und Direktoren des AWD haben nahezu sämtliche ihnen aufgrund des WAG (Wertpapieraufsichtsgesetz, Anm.) obliegenden Verhaltensweisen vorsätzlich verletzt“, und das jahrelang, behaupten die Konsumentenschützer.
Im Visier haben die VKI-Anwälte auch die „Gesprächsnotizen“, die den Kunden in der Regel „als bloße Formalität“ zum Unterschreiben vorgelegt worden seien und dazu gedient hätten, sich gegen Anfechtungen bzw. Schadenersatzansprüche zu wappnen.
Maschmeyer als „Master-Mind“
Ausgedacht soll sich das alles der schillernde wie streitbare deutsche Geschäftsmann Maschmeyer haben, der seine AWD-Anteile mittlerweile an Swiss Life abgegeben und sich gleichzeitig bei dem Schweizer Versicherungskonzern eingekauft hat. Maschmeyer, so der VKI, sei der „Master-Mind hinter dem Konzept, die Prinzipien des Multi Level Marketing (MLM) auf Vermögensberatung anzuwenden“.
„Er hat es zu verantworten, dass der AWD, seine Geschäftsführer, Direktoren und Agenten die Kunden darüber täuschen, ein ‚unabhängiger Finanzoptimierer‘ zu sein, während der AWD in Wahrheit nur am Verkauf von möglichst gut provisionierten Produkten interessiert ist“, heißt es in der Strafanzeige des VKI.
Kritik an Bestandsprovisionen
In Bezug auf die Causa Immofinanz ist es für den VKI nach wie vor „höchst aufklärungsbedürftig“, welche Provisionen der AWD von der seinerzeitigen Constantia Privatbank, der Immofinanz und der Immoeast lukrierte. Sicher sei nur, dass die Führungskräfte bei jeder einzelnen Vermittlung mitverdient hätten. Der VKI ortet hier eine unrechtmäßige Bereicherung der Verdächtigen.
Vor allem die Bestandsprovisionen erachtet der VKI als problematisch. Diese hätten eine „wesentliche Einnahmequelle des AWD“ dargestellt. Wenn die Kunden ihre Immobilienaktien länger als zwölf Monate behalten haben, habe der AWD 0,5 Prozent des Kundenwertdepots von der Constantia bezogen. Das sei wohl auch der Grund, warum die Berater vielfach ab 2006 von einem Verkauf abgeraten hätten, obwohl damals bereits klar gewesen sei, dass die Papiere ein hohes Verlustrisiko bargen.
Auch die „große Abhängigkeit“ des AWD von der Immofinanz bzw. Immoeast monieren die Konsumentenschützer. Hier hätten die „Agenten“ - im Auftrag ihrer Geschäftsführer und Direktoren - gezielt die Unwahrheit verbreitet: Die Berater seien nämlich keineswegs pauschal bezahlt worden, sondern hätten eine umso höhere Vermittlungsprovision kassiert, je riskanter das Produkt gewesen sei.
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