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„Ausblick bleibt negativ“

Die US-Ratingagentur Moody’s hat Ungarns Kreditwürdigkeit auf Ramsch-Niveau herabgestuft. Ungarische Staatsanleihen wurden von der Note „Baa3“ um eine Stufe auf „Ba1“ herabgesetzt, teilte Moody’s am Donnerstag mit. Die Agentur begründete den Schritt mit anhaltenden Zweifeln an der Fähigkeit des Landes, seine Finanzen nachhaltig in Ordnung zu bringen. Der Ausblick bleibe negativ.

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Die ungarische Regierung kritisierte die Herabstufung scharf. Der Schritt sei fachlich nicht zu begründen, hieß es am Freitag in einer Erklärung des Wirtschaftsministeriums. Er sei ein Teil der „Finanzangriffe gegen Ungarn“. Erst vor wenigen Tagen hatte Ungarn allerdings den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EU-Kommission um finanzielle Unterstützung im Kampf gegen die Finanzkrise gebeten.

Die ungarische Regierung betonte dabei, dass die Ersuchen um Hilfe „vorbeugend “ seien. Durch die Hilfeersuchen können IWF und EU nun offizielle Verhandlungen mit Budapest über eine Unterstützung aufnehmen. Ungarn gehört der EU an, ist aber nicht Mitglied der Euro-Zone. Der Fraktionschef der regierenden FIDESZ-Partei, Janos Lazar, sagte aber, das Land wolle sich weiter selbst Geld auf dem Markt beschaffen. Die Hilfen von IWF und EU dienten als Sicherheitsnetz, um ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent im Jahr zu erreichen.

Gegen Forint spekuliert?

Das Land steht auf den Finanzmärkten seit Wochen unter Druck. Die konservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban versicherte mehrmals, dass sie die Neuverschuldung unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken wolle. Zudem verwies sie darauf, dass die Gesamtverschuldung des Landes im vergangenen Jahr von 81 auf 73 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesenkt worden sei.

Die ungarische Regierung vermutet, dass in jüngster Zeit gegen die nationale Währung Forint spekuliert wurde. Die Ermittlungsbehörden seien deshalb angewiesen worden, Nachforschungen anzustellen, sagte ein Regierungssprecher am Donnerstag. „Die makroökonomischen Daten geben keinerlei Anlass, gegen den Forint zu wetten“, sagte er bei einer Pressekonferenz.

Ungarn demonstrierte Sparwillen

Um die wachsende Staatsverschuldung einzudämmen, hob Ungarn etwa die Mehrwertsteuer von 25 auf 27 Prozent an und erhöhte zahlreiche weitere Abgaben. Das Steuerpaket, das diese Woche vom Parlament beschlossen wurde, tritt zum 1. Jänner 2012 in Kraft. Die bei Zehntausenden Kleinunternehmern beliebte Vereinfachte Steuer (EVA) steigt von 30 auf 37 Prozent des Gewinns. Im Gegenzug steigt die Umsatzobergrenze der Firmen, die in diese Steuerkategorie fallen, von 25 Millionen auf 30 Millionen Forint (ca. 100.000 Euro) im Jahr. EVA deckt pauschal die Körperschafts- und Einkommensteuer.

Die 16-prozentige einheitliche Einkommensteuer gilt im Falle der Arbeitnehmer nur noch für jene, die nicht mehr als das Bruttodurchschnittsgehalt von 202.000 Forint (rund 670 Euro) verdienen. Teurer wird in Ungarn auch das Autofahren: Haftpflichtversicherer müssen 30 Prozent der Summe, die die Versicherten als Beitrag einzahlen, an den Staat abführen - dadurch wird die Versicherung für die Kunden teurer. Erhöht wurden zudem Kfz-Steuer und die Anmeldegebühr für Gebrauchtwagen.

Raiffeisen: „Ungarn ist unser Problemfall“

Ein Ende September in Kraft getretenes Gesetz ermöglicht ungarischen Bankkunden zudem bis Ende Dezember 2011 eine Ablösung ihrer Fremdwährungskrediten zu für sie deutlich günstigeren Wechselkursen. Die daraus entstehenden Verluste müssen von ausländischen Banken geschluckt werden - und die protestierten, vor allem auch österreichische Institute. Ende September lag der Bestand der Fremdwährungskredite an Privatkunden bei 17,3 Mrd. Euro, was laut ungarischer Notenbank zwei Drittel der gesamten in Ungarn vergebenen Retail-Kredite ausmachte.

Österreichische Banken sind in Ungarn stark vertreten, was ihnen momentan zu schaffen macht. „Wir mussten im dritten Quartal ein paar Federn lassen. Das Rupfen, wie es andere Banken erlebten, ist uns erspart geblieben“, sagte der Chef der börsennotierten Raiffeisen Bank International (RBI), Herbert Stepic, am Donnerstag. „Ungarn ist unser Problemfall“, sagte der Raiffeisen-Banker, der im übrigen Vorwürfe wegen angeblicher Kartellabsprachen in dem Land dementierte.

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