Der „dunkelgraue Chansonnier“
Als gebürtiger Steirer ist er mit Liedern urwienerischen Zuschnitts, zumindest was Morbidität und Hintergründigkeit betrifft, bekannt und beliebt geworden. Donnerstagfrüh nahm sich der Musiker und Schauspieler Ludwig Hirsch das Leben, wie sein Management gegenüber Radio Wien bestätigte.
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Noch im Juli hatte der Chansonnier Konzerte in ganz Österreich gegeben. Dabei dürfte es ihm jedoch schlechter gegangen sein, als es den Anschein hatte. Zuletzt wurde er wegen einer Lungenentzündung im Wilhelminenspital behandelt.
Tief betroffen vom Ableben des Musikers zeigte sich dessen langjähriger Manager Karl Scheibmaier. „Es ist jemand von uns gegangen, der für mich einer der größten Künstler der vergangenen 70 Jahre war. Ludwig Hirsch hat Sachen niedergeschrieben, die niemand sonst gemacht hat.“ Scheibmaier strich auch Hirschs Poesie und dessen Mut hervor, „Sachen von der Bühne runter zu sagen“, was sonst kaum jemand gewagt habe.
„Ludwig Hirsch hat an den Wänden gekratzt“
„Ludwig Hirsch hat an den Wänden gekratzt, um dahinter zu schauen, was los ist“, so der Manager, der aber auch Hirsch als private Persönlichkeit sehr zu schätzen wusste. „Er ist in meinem Leben jemand gewesen, der von einer ungeheuren Zärtlichkeit war - auch anderen gegenüber. Auf den Tourneen hatte man das Gefühl einer großen Familie.“ Zuletzt habe Hirsch mit dem deutschen Regisseur Joseph Vilsmaier an einem Film gearbeitet. Das Projekt unter dem Arbeitstitel „Es lebe der Zentralfriedhof“ sei aber nicht mehr zur Fertigstellung gelangt.
Grafikstudium an der Angewandten
Bevor sich Hirsch hauptberuflich der Musik zuwandte, absolvierte er ein Grafikstudium an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und besuchte die Schauspielschule Krauss. Als Theaterschauspieler war er zuerst auf deutschen Bühnen tätig, bevor er 1975 Ensemblemitglied in der Wiener Josefstadt wurde. Zu jener Zeit kam auch der Durchbruch mit seiner ersten LP, der mehr als 20 Alben folgen sollten. Doch auch die Neuinterpretation von klassischen Wienerliedern lag dem Chansonnier am Herzen. So feierte er etwa mit seiner Version des 1834 entstandenen „Hobellieds“ (aus Ferdinand Raimunds „Verschwender“) Erfolge.
Seine letzte genuine Musikveröffentlichung war das Album „In Ewigkeit Damen“, das 2006 erschien. Danach folgten 2009 „Weihnachtsgeschichten“: Auf dem Hörbuch versammelte Hirsch „ein bisschen was Skurriles, Zärtliches und Verträumtes“, wie er anlässlich der Veröffentlichung gegenüber der APA sagte.
„Verliebt in uralte Lieder“
In den vergangenen Jahren gab es auch einige Compilations: neben den „Größten Hits aus 20 Jahren“ (1997), dem Livemitschnitt „Dunkelgrau“ (1999) und der Werkschau „Ausgewählte Lieder“ (2004), die kurze Einleitungen des Sängers zu den jeweiligen Songs beinhaltet, auch eine Neuauflage seines gesamten Werkkatalogs im Jahr 2008. Im Rückblick auf sein Schaffen meinte Hirsch damals, dass er „immer wieder positiv überrascht“ sei: Es gebe „uralte Lieder, in die bin ich immer noch verliebt“.

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Ludwig Hirsch bei einem Konzert im März
Vielfach ausgezeichnet
Weniger eine Überraschung als eine Bestätigung seines Erfolges eröffnet ein Blick auf die Auszeichnungen, die Hirsch entgegennehmen durfte. Erst im Juni wurde ihm der „Goldene Rathausmann“ verliehen, 2002 gab es für das Album „Perlen“ eine goldene Schallplatte, ebenso für „In meiner Sprache“ und „Sternderl Schaun“ (jeweils 1992).
Hinweise
In memoriam Ludwig Hirsch ändert der ORF sein Programm:
- Ö3 bringt im „Ö3 Wecker“ am Freitag einen musikalischen Nachruf (5.00 bis 9.00 Uhr).
- Ö1 bringt am Freitag „In memoriam Ludwig Hirsch“ (17.30 bis 17.55 Uhr).
- ORF2 zeigt am Freitag „Dunkelgraue Lieder“, einen Rückblick auf das Leben des Künstlers (22.35 Uhr).
- „Vera exklusiv“ in ORF2 steht am Sonntag im Zeichen des Sängers (17.05 Uhr).
Am längsten in den Charts hielt sich allerdings sein Debüt, das gut ein Jahr in der Hitparade verweilte. Und auch einen Nummer-eins-Song hatte Hirsch: Die Single „Gel’, du magst mi“ erreichte 1983 die Spitze der heimischen Charts. Für „Perlen“ wurde er darüber hinaus mit einem Amadeus Austrian Music Award ausgezeichnet.
Im Theater verwurzelt
Ein Sammelband seiner Texte erschien im vergangenen Herbst unter dem Titel „Ich weiß es nicht, wohin die Engel fliegen“. Dem Theater hatte Hirsch in dieser Zeit nie gänzlich den Rücken zugekehrt, 2004 war er etwa bei den Festspielen Reichenau in Tschechows Untergangskomödie „Der Kirschgarten“ und 1998 im Volkstheater („Irma La Douce“) zu sehen.
Anfang der 1990er Jahre komplettierte er das Ensemble beim Salzburger „Jedermann“. Egal ob Musik, Theater oder Lesung, bei Hirsch ging es immer um die Geschichte, wie er einst sagte: „Ich kann nichts anderes als Geschichten erzählen, den Leuten Bilder malen, akustisches Kino bieten. Es wäre schrecklich, wenn ich mich auf anderes Terrain begeben würde. Ich hab’s hin und wieder versucht - und es hat absolut nicht funktioniert.“
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