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Liedermacher, Satiriker, Kabarettist

Georg Kreisler, Meister des schwarzen Humors, Schriftsteller, Satiriker, Komponist und Musiker, ist am Dienstag 89-jährig verstorben. Der gebürtige Wiener starb nach Angaben der „Salzburger Nachrichten“ („SN“) in Salzburg. Kreisler war dem Publikum vor allem als Chansonnier bekannt.

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Mit teils recht makabren Liedern wie „Taubenvergiften im Park“ und „Der guate alte Franz“ feierte er seit den 1950er Jahren Erfolge im deutschsprachigen Raum. Erst im Frühjahr dieses Jahres startete der gebürtige Wiener, der seit 2007 in Salzburg lebte, eine Abschiedstournee, die ihn mit szenischen Lesungen auf deutsche Bühnen führte. Er begeisterte sein Publikum mit Spontanität, scharfer Beobachtung und bissigem Witz.

Als Chansonnier aus der „goldenen“ Zeit des Wiener Nachkriegskabaretts wurde Kreisler in den 50er und 60er Jahren bekannt, sorgte mit spitzer Feder und scharfer Zunge immer wieder für Glanzstunden heimischer Satirekunst. Als erster noch lebender Künstler wurde er auf dem Mainzer „Walk of Fame“ des Kabaretts mit einem „Stern der Satire“ geehrt. Eine Auszeichnung für sein Lebenswerk nahm er erst vor gut einem Jahr in Empfang, als ihm der Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg verliehen wurde.

Weggefährte von Qualtinger, Weigel und Bronner

Kreisler wurde als Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts und dessen Frau in Wien geboren. Er besuchte das Gymnasium Kandlgasse in Wien-Neubau und lernte Klavier, Geige und Musiktheorie. 1938 emigrierte er mit seinen Eltern in die USA. Kreisler wurde 1943 US-amerikanischer Staatsbürger. 1955 kehrte er dann nach Wien zurück und traf dort unter anderem mit Hans Weigel, Gerhard Bronner, Peter Wehle und Helmut Qualtinger zusammen. In der legendären Marietta-Bar in der Wiener Innenstadt trat er erstmals mit deutschsprachigen Chansons auf und wurde zeitweise Mitglied des „Namenlosen Ensembles“ um Bronner, Wehle und Qualtinger.

„Nichtarische Arien“, „Seltsame Gesänge“ oder „Lieder zum Fürchten“ wurden stürmisch gefeiert. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, alleine die Platte „Gemma Tauben vergiften im Park“ verkaufte sich in der Folge mehr als 100.000-mal. Kreisler war bekennender Anarchist, was auch in einigen seiner Lieder zum Ausdruck kommt (beispielsweise „Kapitalistenlied“; „Meine Freiheit, Deine Freiheit“ - hier das Video dazu).

„Wien hat nie einen Finger für mich gerührt“

Die zwiespältige Verbindung zu seiner Geburtsstadt schwingt in den Werken Kreislers, von Gedichten über Chansons und Bücher bis zu Hörspielen, Kabaretttexten und Theaterstücken, deutlich mit. „Diese Stadt hat nie einen Finger für mich gerührt“, erklärte der Künstler einmal. „Ich bin mehr weggebissen worden als zugelassen.“

Oder wie er 2009 sagte: „Wien ist ein ganz eigener Boden, wie nirgendwo sonst auf der Welt. Da fühlt man sich wohl, oder auch nicht - ich tu es nicht.“ Verbunden fühlte sich Kreisler Österreich dennoch, wie er in seiner gewohnten Weise zu verstehen gab: „Heimat bleibt eben Heimat, auch wenn man mit ihr geschlagen ist.“

1958 zog es ihn nach München, wo er mit seiner damaligen Ehefrau Topsy Küppers Chansonabende gab. 1976 ging er nach Berlin. Ab 1977 trat er mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Barbara Peters auf. Vom heiteren Sarkasmus und schwarzen Humor hatte er sich längst zum scharfen Gesellschaftskritiker entwickelt, wie spätere Publikationen zeigen: „Ist Wien überflüssig?“ (1987), „Die alten, bösen Lieder - Ein Erinnerungsbuch“ (1989) oder „Ein Prophet ohne Zukunft“ (1990). Seit 2007 lebte er in Salzburg.

Zahlreiche Auszeichnungen

Zuletzt erhielt Kreisler zahlreiche Preise und Ehrungen, darunter etwa den Kabarett-, Kleinkunst- und Satirepreis Prix Pantheon 2003, 2004 folgte der Richard-Schönfeld-Preis für literarische Satire. Bereits 1988 erhielt er die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold. Und 2010 wurde er schließlich mit dem Hölderlin-Preis geehrt. Der Berliner Akademie der Künste übergab er 2007 sein Archiv, bestehend aus Manuskripten, Notenschriften und Liedern sowie Fotos, Korrespondenzen, Presseheften und Schallplatten - für die Akademie von „besonderer Bedeutung“, wie es damals hieß.

TV-Hinweis

Am Samstag um 23.30 Uhr sendet ORF2 ein Porträt Georg Kreislers.

Kreisler forderte erst im heurigen Frühjahr, dass man „wieder auf den ursprünglichen Begriff des Kabaretts zurückkommen“ müsse. „Das heißt: Kritik - Gesellschaftskritik.“ So kündigte er im Rahmen seiner Abschiedstournee noch zwei Bücher an, wiewohl auch der Bühnenabschied keine Abwendung von den Künsten werden sollte: „Da weiß man ja nie, was einem da noch so alles einfällt.“

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