„Dürfen keine Minute mehr verlieren“
Der Großunternehmer Luca Cordero di Montezemolo ruft Italiens Premier Silvio Berlusconi zum Rücktritt auf, um im schwer verschuldeten Land den Weg zu einer Notstandsregierung zu ermöglichen. „Wir dürfen keine Minute mehr verlieren. Auf dem Spiel stehen die Ersparnisse der Italiener, der soziale Zusammenhalt und Italiens Verbleib im Euro-Raum“, schrieb Montezemolo in einem „La Repubblica“-Artikel.
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„Von Regierungskoalition und Opposition kommen keine angemessenen Antworten. Die Regierung liegt wegen der internen Konflikte lahm. Die Opposition hat eine konfuse Wirtschaftspolitik und ist nicht in der Lage, das zu garantieren, was Europa erfordert. Wahlen wären daher keine Lösung, sie würden das Land nur zum Erliegen bringen“, schrieb der Präsident des Sportwagenherstellers Ferrari.
„Nach mir die Sintflut“
„Wenn Berlusconi seine eigenen Ambitionen vor das Wohl des Landes stellt und wenn ihn seine Mehrheit bei diesem gefährlichen Beschluss unterstützt, wird auf schlimmste Weise eine politische Phase zu Ende gehen, die zwar Lichter und Schatten hat, die aber nicht nach dem Motto des ‚Nach mir die Sintflut‘ zusammenbrechen sollte“, erklärte Di Montezemolo.
Der Großunternehmer meinte, Italien brauche dringende Verfassungsreformen, die unter anderem zu einer Senkung der Kosten der Politik führen sollten. Unter anderem sollte die Zahl der Parlamentarier reduziert werden. Di Montezemolo sprach sich für eine Pensionsreform und für Liberalisierungen aus.
Liberalisierung in mehreren Wirtschaftsbereichen
Mehrere Wirtschaftsbereiche müssten in Italien liberalisiert werden, um Investitionen anzuregen und die Schaffung neuer Jobs zu ermöglichen. Di Montezemolo erklärte sich auch für eine Reichensteuer, damit sollte der Steuerdruck auf Unternehmen und Arbeitnehmer reduziert werden.
Laut italienischen Medien hegt Di Montezemolo konkrete Pläne für seinen Einstieg in die Politik. Innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre wolle er seine Stiftung „Italia Futura“, die er mit dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Gianfranco Fini, gegründet hatte, in eine Partei umwandeln, die den Wählern eine Alternative zur Mitte-rechts-Partei von Premier Berlusconi bieten soll. Seine Partei könnte nach Einschätzung von Meinungsforschern 20 Prozent der Stimmen erreichen.
Spekulationen über politische Ambitionen
Schon seit Jahren wird über Ambitionen Di Montezemolos spekuliert. Konkret wurden die Gerüchte im vergangenen Jahr, als er die Stiftung „Italia Futura“ ins Leben rief - und sich damit erstmals gesellschaftspolitisch konkret engagierte. Di Montezemolo, der früher dem mächtigen Industrieverband Confindustria vorstand und auch Präsident der Fiat-Gruppe war, wirkt als Wählermagnet und könnte mit seiner Initiative starkes politisches Interesse im orientierungslosen Mitte-rechts-Lager wecken.
Di Montezemolo ist aber bei mehreren Unternehmen engagiert. Daher ist fraglich, ob er bereit ist, sich ganz der Politik zu widmen. So führt er neben Ferrari auch den Investmentfonds Charme, der unter anderem über die Gruppe Poltrona Frau die österreichische Möbelfirma Gebrüder Thonet kontrolliert. Außerdem steht die Bahngesellschaft NTV, zu deren Gründungsteam Di Montezemolo gehört, vor dem Start: In den nächsten Monaten soll NTV in Konkurrenz zur italienischen Staatsbahn treten.
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