Leichnam nach Misrata gebracht
Der langjährige libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist tot: Das bestätigte Donnerstagnachmittag der Informationsminister des Nationalen Übergangsrats, Mahmud Schammman, bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Gaddafi wurde in der letzten ihm verbliebenen Hochburg Sirte gefasst.
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Er sei an beiden Beinen verwundet worden und später den Verletzungen erlegen, hatten Vertreter des Übergangsrats bereits zuvor berichtet. Gaddafi sei auch am Kopf getroffen worden, so Abdel Madschid Mlegta vom Übergangsrat gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Gaddafis Konvoi, mit dem er fliehen wollte, sei heftig attackiert wurden. Seitdem die Truppen des Nationalen Übergangsrats vor mehreren Wochen die Hauptstadt Tripolis erobert hatten, war Gaddafi untergetaucht gewesen und unklar, wo er sich aufhielt.
Bilder des toten Gaddafi
Verschiedene internationale Medien, darunter CNN und BBC, veröffentlichten am Donnerstag angebliche Fotos des verletzten oder getöteten gestürzten libyschen Machthabers. CNN betonte, der Sender könne die Echtheit der Aufnahme nicht bestätigen. Zu sehen ist das blutbefleckte Gesicht eines Mannes, möglicherweise Gaddafi, umgeben von mehreren Personen, wohl mit einem Handy aufgenommen. Ein Vertreter des Übergangsrats bestätigte die Echtheit des Bildes - Bild auf BBC (Warnung: drastische Darstellung).
Am Nachmittag legte schließlich der Sender al-Jazeera auf seiner Website ein weiteres Bild des toten Gaddafi vor (Warnung: drastische Darstellung). Der arabischer Fernsehsender al-Arabija wiederum will die Erlaubnis haben, die Leiche Gaddafis zu filmen.
Schüsse in die Beine
Gaddafi wurde nach Angaben der Übergangsregierung in Sirte festgenommen, das am Donnerstag vollständig in die Hände der Gegner des gestürzten Langzeitdiktators gefallen war. Gaddafi sei während der Festnahme durch Schüsse in die Beine verletzt worden. Ein Konvoi Gaddafis wurde laut Übergangsrat auch von NATO-Flugzeugen angegriffen. Laut Angaben eines NATO-Vertreters wurde Gaddafi in der Nähe Sirtes gefasst, als er versuchte, in dem Konvoi zu flüchten.
Gaddafis Armeechef Abu Bakr Junus sei bei dem Angriff auf den Konvoi ebenfalls getötet worden. Außerdem seien Gaddafis Sohn Mutassim und sein Sprecher Mussa Ibrahim verhaftet worden. Nach Angaben des Übergangsrats wurde der verwundete Ex-Diktator mit einer Ambulanz abtransportiert, erlag aber seinen Verletzungen. Der Leichnam sei nach Misrata gebracht worden. Nach anderen Angaben aus dem Umfeld des Übergangsrats wurde die Leiche an einen „geheimen Ort“ gebracht.
USA und NATO prüfen Berichte
Das US-Außenministerium konnte die Medienberichte über Festnahme und Tod Gaddafis nicht bestätigen. Auch die NATO prüft derzeit nach eigenen Angaben noch die Berichte. „Das sind natürlich sehr entscheidende Entwicklungen. Wenn die Nachricht stimmt, ist dies ein wirklich historischer Tag für das libysche Volk“, so ein NATO-Sprecher. Die NATO bestätigte lediglich, dass Kampfjets Donnerstagfrüh Fahrzeuge von Gaddafi nahe Sirte angegriffen hatten.
Auch Sirte in Hand der Milizen
Kurz zuvor hatten die Milizen des Übergangsrates vermeldet, dass sie die Mittelmeer-Stadt Sirte vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Der Widerstand der letzten Kämpfer Gaddafis sei gebrochen worden, sagte ein Kommandeur des Übergangsrates dem arabischen Nachrichtensender al-Jazeera. „Jetzt ist ganz Sirte befreit“, fügte er hinzu. Die Stadt 410 Kilometer östlich von Tripolis ist die Heimatstadt Gaddafis.
TV-Hinweis
Ein „Runder Tisch“ befasst sich ab 22.30 Uhr in ORF2 mit dem Tod Gaddafis und den Folgen.
US-Außenministerin Hillary Clinton hatte erst am Vortag erstmals seit dem Sturz des Diktators Libyen besucht. Sie ist das erste hochrangige Mitglied der Washingtoner Regierung, das seit dem Machtwechsel in das Land kam. Die Politikerin bekräftigte die Unterstützung der USA für die neue Führung.
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