Arbeitgeber kritisieren Verhandlungsstil
Die Fronten im Streit über die Löhne bei den Metallern verhärtet sich immer mehr. Nach kurzen Warnstreiks und Betriebsversammlungen finden am Freitag erstmals seit 25 Jahren wieder komplette Arbeitsniederlegungen statt. Auf Arbeitgeberseite zeigte man sich über den neuen Verhandlungsstil wenig erfreut.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nachdem die Metaller am Donnerstag in zahlreichen Betrieben Betriebsversammlungen und erste Warnstreiks für mehr Lohn abgehalten haben, stehen am Freitag erstmals ganze Schichten still. In mehr als 150 Unternehmen von Andritz über MAN und Magna bis zur voestalpine wird gestreikt. Das sei man den rund 170.000 Beschäftigten und deren Familien schuldig, so der Chef der Industriellengewerkschaft Pro-Ge, Rainer Wimmer. Am Wochenende stehe man für weitere Verhandlungen bereit. Sollte es keine Einigung geben, sind ab Montag „unbefristete Kampfmaßnahmen“ möglich.
"Beide Seiten müssen nachgeben
Am Donnerstag gab es keine Anzeichen für ein Nachgeben von einer der beiden Verhandlungsseiten. In der ZIB2 rief der Ex-Chef des Stahlkonzerns Böhler-Uddeholm, Claus Raidl, dazu auf, die festgefahrenen Lohnverhandlungen wieder aufzunehmen. „Beide müssen noch einmal nachgeben“, so Raidl. Auch für die Forderungen der Arbeitnehmer zeigte er Verständnis. Die letzten zwei Jahre seien sehr erfolgreich gewesen, gleichzeitig seien die Lohnabschlüsse moderat ausgefallen.
Einen Streik halte er jedoch für „nicht besonders gescheit“. Die Gewerkschaft werde wissen, dass 5,5 Prozent nicht drinnen sind, hingegen glaube er, dass die von Arbeitgebern gebotenen 3,65 Prozent „sicher nicht das letzte Angebot“ seien.
„Aufgestanden und gegangen“
Doch die Arbeitgeberseite zeigte sich nach der abgebrochenen Verhandlungsrunde am Mittwoch enttäuscht. Chefverhandler Christoph Hinteregger kritisierte den Verhandlungsstil der Gewerkschafter scharf. Auf seine Frage, „wie viel sie noch wollen, habe ich keine Antwort erhalten. Es hat nur geheißen: ‚Das ist zu wenig‘“, so Hinteregger. Anschließend seien die Gewerkschafter „aufgestanden und gegangen“ - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
Wie berichtet, wollen die Metaller 5,5 Prozent mehr Lohn, das Angebot der Unternehmer lag zuletzt bei 3,65 Prozent plus 200 Euro Einmalzahlung. Nach Rechnung der Gewerkschaft brächte das inflationsbereinigt nur 40 Euro netto. Der Mindestlohn der Metaller liegt derzeit bei 1.515 Euro brutto.
Arbeitgeber orten politische Motivation
Von den Streikmaßnahmen zeigte sich Hinteregger nicht überrascht. In diesem Jahr gebe es offenbar einen neuen Verhandlungsstil, Löhne und Gehälter festzulegen sei offenbar nicht die oberste Priorität. Vielmehr wolle man sich seitens der Gewerkschaft wahrnehmbar machen, Betriebsversammlungen und letztendlich Streiks abhalten, so Hinteregger.
Betroffene Betriebe
Betroffen von den Warnstreiks sind laut Gewerkschaftsinformationen unter anderem Andritz, AVL List, Bosch, BRP Powertrain, GE Jenbacher, General Motors, MAN/Steyr, MIBA, Montanwerke, Multivac, Schmitter, Thöni, Tyrolit und voestalpine.
Die Unterbrechung könne er nicht verstehen. Die Arbeitgeber hätten sich kräftig von 3,1 Prozent auf 3,65 Prozent bewegt, das sei der höchste Abschluss in diesem Jahr. Möglicherweise sei dieses Verhalten aber politisch motiviert. „Streik ist eine klassenkämpferische Art und Weise“, sagte Hinteregger. Welcher politischen Gesinnung dies zuzurechnen sei, könne man sich denken.
„Breite Unterstützung“
Die Metaller, die übrigens am Donnerstag nochmals verbal vom ÖGB unterstützt wurden, hoffen, mit den Streikmaßnahmen so viel Druck auf die Arbeitgeberseite zu erzeugen, dass diese sich deutlich weiter als bisher bewegt. Laut ÖGB hatte sich in Hunderten Betriebsversammlungen in den letzten Tagen gezeigt, dass es vonseiten der Betriebsräte „breite Unterstützung“ für die Warnstreiks gebe.
„Adäquate Abgeltung verdient“
Warnstreiks fanden in rund 150 Unternehmen statt. Auch die Opel-Fabrik in Wien-Aspern wurde Ziel von gewerkschaftlichen Aktionen. In zwei Schichten sind im Motoren- und Getriebewerk Betriebsversammlungen und einstündige Warnstreiks abgehalten worden. Wolfgang Katzian und Karl Proyer von der Privatangestelltengewerkschaft GPA-djp nahmen am Nachmittag an einer solchen Protestaktion teil. Die GPA-djp vertritt die Angestellten, die Industriegewerkschaft (Pro-Ge) die Arbeiter der metallverarbeitenden Betriebe.
Das Angebot der Arbeitgeber sei nicht akzeptabel, „weil es weit unter den Ergebnissen liegt, die die Unternehmen im vergangenen Jahr gemacht haben“, erklärte Katzian vor den Beschäftigten bei Opel Aspern. Die Arbeitnehmer hätten „in Zeiten einer extrem hohen Inflationsrate eine adäquate Abgeltung verdient“. Laut Proyer hat an der Opel-Betriebsversammlung zu Beginn der Nachmittagsschicht „praktisch jeder mit Ausnahme der Geschäftsführung teilgenommen“.
Zuletzt 1986 Arbeit niedergelegt
Mit Streiks wurde zwar regelmäßig gedroht, allerdings wurde diese Maßnahme nur selten eingesetzt. Zuletzt wurde vor 25 Jahren, nämlich im November 1986, bei den Metallern zur Unterstützung der Forderungen bei Kollektivvertragsverhandlungen gestreikt. Dabei ging es in kurzen Warnstreiks um die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung und mehr Lohn.
Davor streikten die Metallarbeiter im Mai 1962. Dieser Arbeitskampf hatte mehrere Ziele: die Abschaffung der damaligen eigenen Frauenlohngruppen, Lohnerhöhungen sowie arbeitsrechtliche Verbesserungen bei Krankenstand. Krankheit dürfe kein Entlassungsgrund mehr sein, forderten die Beschäftigten. Damals waren österreichweit rund 200.000 Beschäftigte vier Tage lang im Streik, die Arbeitsniederlegung war erfolgreich.
Warnende Stimmen
Von Arbeitgeberseite riefen am Donnerstag einige zu Mäßigung auf und warnten vor ungewollten Folgen der Aktionen. „Wenn man nach dem zweiten Verhandlungstag bereits zu Mitteln des Arbeitskampfes greift, setzt man den österreichischen Weg der Sozialpartnerschaft bewusst aufs Spiel“, erklärte Wirtschaftskammer-Vizepräsident Fritz Amann (RfW).
Ein Lohnabschluss „ohne Augenmaß“ würde die metallverarbeitende Wirtschaft „unter enormen Druck bringen“ und „durch die Vorbildfunktion des Metallerabschlusses für alle Branchen die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftstandortes Österreich gefährden“, sagte der Kärntner Wirtschaftskammer-Präsident Franz Pacher.
Links: