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„Echtes politisches Vertrauen“ fehlt

China gewinnt die Oberhand in den Beziehungen zu Russland, weil seine Abhängigkeit von russischen Waffen- und Energielieferungen zurückgeht. In einer Studie, die das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI veröffentlichte, hieß es am Montag, Russlands Position im Umgang mit der aufstrebenden zweitgrößten Wirtschaftsmacht werde schwächer.

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Im Gegensatz zu der öffentlich zur Schau gestellten strategischen Partnerschaft „fehlt es an echtem politischen Vertrauen“, sagte die SIPRI-China-Expertin Linda Jakobson, eine der Autorinnen der Studie. Beide Länder gingen pragmatisch an die Beziehungen heran. Nur wenn sich die jeweiligen Interessen deckten, gebe es eine Kooperation. „Die rückläufige Abhängigkeit von russischen Rüstungslieferungen und eine wachsende Zahl alternativer Energielieferanten bedeuten, dass China die Oberhand in den Beziehungen gewinnt“, hieß es in einer SIPRI-Mitteilung in Stockholm. Seit 2007 gebe es einen starken Rückgang in den Waffengeschäften.

Konkurrenzdenken als Hindernis

China sei heute zunehmend an Technologie interessiert, um seine eigene Rüstungsindustrie zu entwickeln. „Russland ist nicht bereit, China mit fortschrittlichen Waffen und Technologie zu versorgen, weil es vor allem besorgt ist, dass China die russische Technologie kopiert und mit Russland auf dem globalen Waffenmarkt konkurriert“, sagte SIPRI-Direktor Paul Holtom.

China bezieht Öl aus immer mehr Quellen

Auch der Anteil der Öllieferungen aus Russland an den chinesischen Importen nimmt ab, obwohl beide Seiten ihre Kooperation ausgebaut haben. China hat seine Lieferanten diversifiziert. Der größte Öllieferant sei Saudi-Arabien gefolgt von Angola, dem Iran und Oman. Auch im Gassektor sei Russlands Verhandlungsposition geschwächt, weil China neue Partner vor allem in Zentralasien finde, hieß es in der SIPRI-Studie. Russland könnte diese Konstellation teuer zu stehen kommen, ist China doch der größte Energieverbraucher weltweit.

China und Russland teilten keine gemeinsame politische Weltsicht, auch wenn sie aus Opposition zu den USA in globalen Fragen häufig gemeinsame Positionen einnähmen. „Aber sowohl für China als auch Russland sind ihre jeweiligen Beziehungen zu den USA von überragender Bedeutung“, hieß es bei SIPRI. „Außerdem gibt es strategische Planer in Peking und Moskau, die die andere Seite langfristig als ultimative strategische Bedrohung betrachten.“

Putin zu Besuch in Peking

Die Studie erscheint eine Woche vor dem Besuch von Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin in Peking. Putin, der bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr kandidiert, wird am 11. Oktober zu zweitägigen Gesprächen mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Hu Jintao und Ministerpräsident Wen Jiabao in Peking erwartet. Die beiden UNO-Vetomächte, die durch ihre Stimmenthaltung im Weltsicherheitsrat den NATO-Einsatz in Libyen ermöglicht hatten, planen Gespräche darüber, ob sie sich jeder weiteren ausländischen Einmischung in Krisen der arabischen Welt widersetzen sollen, hieß es aus Peking.

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