Harter Polizeieinsatz gegen Indios
Gegen eine geplante Straße durch einen Naturpark im Amazonas-Gebiet demonstrieren Indios auch in Bolivien seit Wochen - mit einem Protestmarsch Richtung La Paz. In dem betroffenen Nationalpark leben rund 50.000 Indios verschiedener Stämme. Dialogbemühungen waren gescheitert, zuletzt hatten sich die Proteste zugespitzt.
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Rund 500 Polizisten gingen am Wochenende mit Tränengas gegen 1.500 demonstrierende Indios vor. Mehrere Menschen wurden verletzt. Die Polizei verschleppte Dutzende von Teilnehmern der Protestbewegung in Bussen, um sie in ihre Heimatdörfer zu bringen. Auf Druck der Demonstranten, die drei Flughäfen in der Region besetzten, mussten sie aber wieder freigelassen werden. Viele Kinder wurden bei dem Polizeieinsatz von ihren Eltern getrennt.
Minister ziehen Konsequenz
Präsident Evo Morales hatte eine Volksbefragung angekündigt, um den Straßenbau zu legitimieren. Den harten Polizeieinsatz nannte er „unverzeihlich“. Morales kündigte eine Untersuchung der Zwischenfälle an. Der stellvertretende Innenminister Marcos Farfan zog am Dienstag die Konsequenzen und reichte seinen Rücktritt ein. Er hatte den Polizeieinsatz angeordnet. Schon am Montag war Verteidigungsministerin Cecilia Chacon zurückgetreten.
„Den Befehl hat Vizeminister Farfan an Ort und Stelle auf Rat einiger Polizeikommandeure gegeben. Wir erfuhren davon erst, als der Einsatz bereits stattfand“, sagte Innenminister Sacha Llorenti. Am Montag hatte er den Vorgang noch gerechtfertigt. Am Mittwoch trat dann auch Llorenti zurück. Er wolle sich nicht zu einem Instrument der rechten Opposition machen lassen.
Die von der linksgerichteten Regierung geplante Nord-Süd-Straße von Villa Tunari nach San Ignacio ist rund 300 Kilometer lang und soll die Anbindung in das benachbarte Brasilien verbessern. Die indigene Bevölkerung wiederum befürchtet eine stärkte Rodung des Regenwalds. Das 477-Milliarden-Dollar-Projekt wird zu 70 Prozent von der brasilianischen Entwicklungsbank finanziert.
Morales bittet um Verzeihung
Trotz der Beschwichtigungsversuche von Morales und des Rücktritts des Innenministers setzen sich die Proteste gegen den überharten Polizeieinsatz fort. Am Mittwoch gingen wieder Zehntausende Menschen in mehreren Städten auf die Straße. Im Rahmen eines 24-stündigen Generalstreiks blieben die Schulen in La Paz geschlossen. Die Demonstranten werfen dem ersten indianischen Präsidenten Morales Verrat an den Ureinwohnern vor.
Morales sagte in einer im Fernsehen übertragenen Rede, die Proteste seien ein „Weckruf“ für seine Regierung. Zugleich betonte er, die Gewalt gegen die protestierenden Indios nicht angeordnet zu haben, und bat deren Angehörige um Vergebung. Die indigenen Gruppen sollten Gespräche mit der Regierung über das von ihm inzwischen vorerst auf Eis gelegte Projekt führen.
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