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Iran-Embargo umgangen

Milliarden haben die Brüder Charles und David Koch mit ihrem Mischkonzern Koch Industries verdient. Privat ist wenig über sie bekannt, auch Bilder gibt es kaum. Erst mit ihren Angriffen auf US-Präsident Barack Obama kamen ihre Machenschaften langsam an eine breitere Öffentlichkeit. Nun deckten Medien auch korrupte und undurchsichtige Geschäfte im Konzern auf.

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Das „Bloomberg Markets Magazine“ deckte in einer langen Liste Verfehlungen des Konzerns auf. Während etliche davon in den USA nicht ganz unbekannt waren und der Konzern dafür auch Millionen an Strafzahlungen leisten musste, sind es vor allem die Geschäfte der Europa-Tochter, die für Aufsehen sorgen. Millionen an Schmiergeldern für Auftragsvergaben sollen gefallen sein. zudem habe das Unternehmen über die Niederlassung in Europa das US-Embargo für Lieferungen an den Iran umgangen, heißt es da.

Kontrollmanagerin wies Korruption nach

Im Mai 2008 sei die neu eingestellte Kontroll- und Ethikmanagerin Ludmila Egorova-Farines zur Tochterfirma Koch-Glitsch ins französische Arles geschickt worden. Binnen weniger Tage habe sie herausgefunden, dass das Unternehmen illegale Schmiergelder in Indien, Afrika und dem Nahen Osten bezahlt habe, um Aufträge zu erhalten.

Auch an Behördenvertreter seien Zahlungen geflossen - ein eindeutiger Verstoß gegen US-Recht. Die Managerin berichtete das in die Konzernzentrale in den USA, der Chef von Koch-Glitsch Frankreich, Leon Mausen, wurde gefeuert - und kurz darauf auch Egorova-Farines selbst.

Hauptquartier von "Koch Industries"

AP/Larry W. Smith

Das Hauptquartier des US-Unternehmens in Wichita, Kansas

Arbeitsrechtliche Klagen

Mausen sah sich als Sündenbock, zog vor Gericht und bekam Schadenersatz: Auch das Gericht sah es als erwiesen an, dass seine Vorgesetzten, etwa der vom Konzern verschonte Koch-Glitsch-Präsident für Europa und Asien, von den Machenschaften wissen musste.

Der Konzern selbst dementiert das in einer langen Stellungnahme zu dem „Bloomberg“-Artikel. Auch Egorova-Farines klagte gegen die Entlassung - allerdings vergeblich. Der Konzern führte nicht nur ihre Inkompetenz ins Treffen, sondern verwies auch auf einen langen Krankenstand und die Tatsache, dass sie mit Mausen die Korruptionsvorwürfe besprochen hatte.

Gute Geschäfte mit dem Iran

Noch stärker ist der Vorwurf, Koch habe über die Europa-Tochter Geschäfte mit dem Iran gemacht: Rechtlich sei das zwar sauber gewesen, weder Bürger noch Firmen aus den USA waren involviert. Politisch ist das Vorgehen freilich aus der US-Perspektive fraglich. Amerikanische Unternehmen dürfen seit 1995 keine Waren mehr in den Iran liefern. Koch-Glitsch machte aber jahrelang gute Deals mit dem staatlichen iranischen Ölkonzern.

15 Millionen Dollar verdiente Koch-Glitsch und rechtfertigt sich damit, dass weder Waffen noch Teile für eine nukleare Nutzung verkauft worden seien. Die Vorwürfe würden von einem einzigen enttäuschten und illoyalen Mitarbeiter stammen, heißt es von Koch weiter. Unklar bleibt allerdings, wie lange Koch-Glitsch Geschäfte mit dem Iran gemacht hat: Der Konzern selbst spricht von 2005 oder 2006, laut Bloomberg endete der Deal erst 2007.

Strafen am laufenden Band

Bloomberg erinnert zudem an weitere Fälle von Preisabsprachen, falsche Angaben an Regulatoren und Umweltverstößen durch den Konzern. Seit 1999 sei das Unternehmen fünfmal strafrechtlich verurteilt worden, allein 1999 bis 2003 musste es 400 Millionen Dollar an Strafen zahlen.

25 Millionen waren die Strafe dafür, dass Koch Industries jahrelang nach Rohöl auf Land von amerikanischen Ureinwohnern bohrten - und systematisch die Fördermengen kleiner angaben, als sie tatsächlich waren. Die Manager hätten ihnen gezeigt, wie man stiehlt und betrügt, gab ein Angestellter zu Protokoll - das sei die „Koch-Methode“ gewesen. 20 Millionen musste das Unternehmen zahlen, nachdem es jahrelang falsche Angaben zu den Benzol-Emissionen einer Fabrik in Corpus Christi, Texas, gemacht hatte.

296 Millionen für zwei tote Teenager

Im Jahr 2000 einigte man sich auf Vergleichszahlungen von 35 Millionen Dollar für Ölverschmutzungen durch Pipeline-Lecks in sechs US-Bundesstaaten zwischen 1990 bis 1997. Die US-Regierung hatte zuvor zwischen 71 rund 214 Millionen als Strafe gefordert.

Im Jahr zuvor hatte ein texanisches Gericht Koch zu einer Geldstrafe von 296 Millionen Dollar verurteilt. Bei der Explosion einer Butangas-Pipeline waren 1996 zwei Teenager getötet worden. Das Gericht befand, dass die total verrostete Pipeline von der Firma hätte repariert werden müssen. Das Urteil ging als größte Schadenersatzzahlung wegen widerrechtlicher Tötung gegen ein Unternehmen in der US-Geschichte ein.

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