Fehler bei Hersteller ausgeschlossen
Seit Donnerstagabend läuft in Großbritannien eine Rückholaktion für gleich drei Chargen des Schmerzmittels Nurefen plus: Offenbar enthalten Tausende Packungen statt des Ibuprofen/Codein-Präparates das schwere Psychopharmakon Seroquel XL. Es gibt den Verdacht auf Sabotage - mit Tierschützern als wahrscheinliche Täter.
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Mehrere britischen Medien berichteten am Freitag unabhängig voneinander, aber ohne Angabe von Quellen, der Verdacht gegen eine Gruppe militanter Tierschützer habe sich während der Nacht konkretisiert. Nurefen-Hersteller Reckitt Benckiser will das nicht dementieren, spricht jedoch lediglich von einer möglichen Variante. Fest steht jedenfalls, dass die falsche Abpackung nicht beim Hersteller passiert sein kann.
Versehen schwer vorstellbar
Während Nurefen plus bei Benckiser erzeugt wird, ist Seroquel ein Produkt der Pharmafirma AstraZeneca. Die Produktionszyklen sind komplett voneinander getrennt, die Vertauschung kann nur in den Lagerhallen eines Großhändlers passiert sein. Ein Versehen ist nur schwer vorstellbar: Während Nurefen plus in schwarz-silberfarbene Sichtverpackungen eingeschweißt ist, dominiert bei Seroquel die Farbe Gold.
Außerdem sind die Seroquel-Pillen wesentlich größer als das Ibuprofen-Präparat. Das fällt freilich nur im Vergleich auf: Zumindest zwei Patienten aus London dürften bereits irrtümlich das Psychopharmakon eingenommen haben, das bei der Behandlung von schizophrenen und manischen Patienten sowie bei Menschen mit bipolarer Störung verschrieben wird. Beide Präparate sind rezeptpflichtig.
„Nur“ große Müdigkeit bei falscher Einnahme
Bis zu 16.000 Packungen a 32 Stück könnten von der Vertauschung betroffen sein. Wegen der Rezeptpflicht für beide Präparate - und entsprechend guten Chancen, tatsächlich alle Packungen zurückzurufen - beließ es die britische Arzneimittelbehörde MHRA jedoch bei einer relativ verhaltenen Warnung. Dennoch riet sie Patienten im ganzen Land zu „besonderer Wachsamkeit“.
Psychopharmaka-Hersteller AstraZeneca beruhigte wiederum, dass Seroquel bei nicht regelmäßiger Einnahme „nur“ große Müdigkeit hinterlasse, sonst aber keine Wirkung auf den Zustand psychisch gesunder Menschen habe. Als häufige Nebenwirkungen des Medikaments werden allerdings auch Kopfschmerzen und Übelkeit genannt.
Einzeltäter oder militante Gruppe?
Über die oder den möglichen Täter gibt es keine näheren Angaben. Laut Berichten in der „Daily Mail“ und dem „Independent“ steht nicht fest, ob eine militante Gruppe oder ein Einzeltäter hinter der Vertauschung steht. Als mögliches Motiv wird ein „Protest“ gegen Tierversuche bei Benckiser genannt. Sollte das tatsächlich der Fall sein, bewiesen der oder die Täter neben krimineller Energie auch ein gehöriges Maß an Uninformiertheit: Für die Nurefen-Präparate gebe es keine Tierversuche, beschwört Benckiser.
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