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Kinder besonders gefährdet

Der Sommer ist zurück und sorgt mit Temperaturen bis zu 37 Grad für einen letzten großen Ansturm auf Bäder und Seen. Damit herrscht bei Wasserrettung und Polizei höchste Alarmbereitschaft. Denn mit dem heißen Wetter steigt auch die Zahl der Badeunfälle.

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Durch die wenigen schönen Sommertage kommt es im und um Seen und Bäder zu besonders vielen Unfällen - und nicht immer gehen sie glimpflich aus. Im Schnitt kommen in Österreich jedes Jahr zwischen 80 und 100 Personen bei Badeunfällen ums Leben. Nicht selten sind Leichtsinn und Selbstüberschätzung der Grund. Aber auch die niedrigeren Wassertemperaturen der Seen dürften heuer einige Schwimmer überrascht haben.

Gefährlicher Sprung ins kühle Nass

Im seenreichen Bundesland Kärnten verzeichnet die Wasserrettung im Schnitt sechs Badetote im Jahr. „Dieser Schnitt wird heuer wohl eingehalten“, sagte Heinz Kernjak gegenüber ORF.at. Auffällig sei jedoch, dass es sich bei den bisherigen Fällen - bis auf eine Ausnahme - immer um ältere Personen gehandelt habe. „Die Seetemperaturen waren heuer noch eher kühl. Viele Personen sind überhitzt und übereilt ins Wasser gegangen“, so Kernjak. Auffällig sei zudem, dass alle Unfälle am späteren Nachmittag passierten.

Als mögliche Ursache nennt Kernjak auch Selbstüberschätzung. „Hier spielt auch der Jugendwahn eine Rolle“, so der Wasserretter. Viele Personen würden ihre körperlichen Kräfte überschätzen und kämen dadurch in Notsituationen. Er rät vor allem älteren Menschen, nicht ohne Schwimmhilfe baden zu gehen. Das helfe nicht nur, wenn die Kräfte nachlassen, sondern man werde auch von Motorbootfahrern leichter gesehen. „Außerdem sollte man immer in Gesellschaft schwimmen gehen.“

Brückenspringer und übermütige Schwimmer

Auch in Wien werden die Bäder und die Uferanlagen der Donauinsel an schönen Tagen gestürmt. „Immer wieder führt Übermut und Leichtsinn zu Selbstüberschätzung“, bestätigt auch Erich Kraus, Chefinspektor der Wiener Wasserpolizei. Nicht selten müssen die Einsatzkräfte ausrücken, um Schwimmer aus der Donaufahrrinne zu bergen, weil sie den großen Frachtschiffen gefährlich nahe kommen. Aber auch Brückensprünge enden immer wieder im Krankenhaus. „Ich kann nur an jeden appellieren, dass er kritisch seine Leistungsfähigkeit einschätzt, bevor er ins Wasser geht“, so Kraus.

Reanimation

So soll Reanimation erfolgen: zuerst den Druckpunkt suchen. Er liegt etwa in der Mitte des Brustbeins zwischen den Brustwarzen. Mit gestreckten Armen auf das Brustbein drücken, so dass es sich einige Zentimeter nach unten bewegt. Das Herz so gleichmäßig und rhythmisch ein-, zweimal pro Sekunde massieren. Mund-zu-Mund-Beatmung kann im Zweifel auch weggelassen werden.

Sollte man Zeuge eines Badeunfalls werden, rät Kraus, sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten: „Am besten das Opfer mit Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung reanimieren, bis Rettung oder Polizei eintreffen.“ Auch Personen, die wenig Erfahrung mit Erster Hilfe haben, rät Kraus, „einfach zuzugreifen“: „Bei der ‚30-zu-2-Methode‘ (30 Herzmassagen, zweimal beatmen, Anm.) kann man nichts falsch machen.“

Auch in Salzburg ist die Wasserrettung an schönen Tagen im Dauereinsatz. Erst am Wochenende ist ein sechsjähriges Mädchen im Lieferinger Badesee beinahe ertrunken. Badegäste entdeckten das Mädchen in rund eineinhalb Meter Tiefe bewusstlos auf dem Grund des Gewässers. Sie brachten das Kind ans Ufer und leisteten sofort Erste Hilfe. Das Mädchen wurde in die Kinderchirurgie des Landeskrankenhauses eingeliefert - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Kinder nie aus den Augen lassen

Für Markus Gewolf von der Salzburger Wasserrettung ist das kein Einzelfall. Bereits seit Jahren verzeichnet er einen kontinuierlichen Anstieg bei Badeunfällen. Allein in diesem Jahr gab es bereits zwei Todesfälle zu verzeichnen, die meisten Einsätze endeten jedoch glimpflich. Besonders gefährdet sind Kinder, warnt Gewolf. Hier sei es besonders wichtig, dass die Eltern die Kinder nie aus den Augen lassen. Auch Schwimmhilfen sind unbedingt notwendig. Hilfreich ist auch, wenn Kinder so früh wie möglich schwimmen lernen.

„Sie gehen lautlos unter“

Trotzdem müssen jedes Jahr rund 2.000 Kinder aufgrund von Badeunfällen im Spital behandelt werden, für durchschnittlich acht kommt jede Hilfe zu spät, wobei Kleinkinder doppelt so oft betroffen sind wie ältere. Denn bei unter Dreijährigen kommt es häufig zum „Totstellreflex“, bei dem sich die Kleinen weder bewegen noch um Hilfe rufen.

Bei der Schockstarre, die in einer Notsituation auftritt, werden auch die Atemwege blockiert. „Das große Problem ist, dass Kleinkinder meist nicht auf sich aufmerksam machen können. Sie gehen lautlos unter, ohne mit den Armen zu schlagen oder sichtbar gegen ein mögliches Ertrinken anzukämpfen“, so KfV-Experte Klaus Robatsch. Bereits geringe Tiefen ab zehn Zentimetern reichten daher aus, um ihnen zum Verhängnis zu werden.

Die Muskulatur von Kindern bis zum Alter von fünf Jahren ist noch sehr ungeübt, darüber hinaus ist der Kopf im Verhältnis zum Körper sehr schwer. Es sei also enorm wichtig, Kinder niemals unbeobachtet zu lassen, warnt Robatsch. Technische Hilfsmittel wie der Pool-Wächter, der an der Wasseroberfläche schwimmt und bei Wellengang alarmiert, bieten dabei keinen ausreichenden Schutz.

Gabi Greiner, ORF.at

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