Manipulation im Jahr 2004
Der Aufsichtsrat der Telekom Austria (TA) hat am Dienstag in der Affäre um eine mögliche Kursmanipulation im Jahr 2004 den Druck deutlich erhöht. Er will die Boni der alten Vorstandsmitglieder, die nicht mehr in der Firma sind, vollständig zurückverlangen, so der einstimmige Beschluss des Kontrollgremiums.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der jetzige Telekom-Chef, Hannes Ametsreiter, er war damals Marketingvorstand der Telekom-Tochter mobilkom, kündigte an, seine 92.000 Euro aus dem Bonusprogramm freiwillig zu refundieren, teilte das Unternehmen in einer Aussendung mit. Weiters informierte die Telekom darüber, dass gegen potenzielle Schädiger eine Schadenersatzklage auf die volle Schadenssumme eingebracht wird.
Betroffen von der Klage sind der ehemalige Festnetz-Vorstand Rudolf Fischer sowie Finanz-Vizechef Gernot Schieszler. Schieszler hat sich der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge in dem Fall angeboten.
Sämtliche Begünstigte informiert
Der neue Chef der Staatsholding ÖIAG, Markus Beyrer, stärkte Ametsreiter den Rücken: „Aufsichtsrat und Vorstand der Telekom Austria AG setzen in enger Abstimmung alle Schritte, die notwendig sind, um den dem Unternehmen und den Aktionären entstandenen Schaden bestmöglich auszugleichen.“
Außerdem sollen sämtliche Begünstigte aus dem Neun-Millionen-Euro-Bonusprogramm darüber informiert werden, dass sich der Konzern eine Rückforderung der Boni vorbehält. Ob diese Zahlungen von allen rund 100 Begünstigten dann auch tatsächlich eingefordert werden, müsse aber noch geprüft werden, so Beyrer. Entsprechende Gutachten hätten jedenfalls diese Möglichkeit bejaht.
Ausweitung möglich
Ob auch der damalige Konzernboss Heinz Sundt und Finanzchef Stefano Colombo geklagt werden, wird laut Telekom noch geprüft. Möglich sei, dass sich die Liste noch verlängert, etwa um den seinerzeitigen Mobilkom-Chef Boris Nemsic. Fix geklagt wird auch ein leitender Mitarbeiter des Geschäftskundenbereichs.
Damit bleibt die damalige zweite und dritte Managementebene von Rückzahlungen vorerst verschont - mit Ausnahme des jetzigen Telekom-Chefs Hannes Ametsreiter sowie des besagten leitenden Mitarbeiters.
Laut Beyrer habe Nemsic wie sein Nachfolger Ametsreiter seinen Bonus bereits auf ein Treuhandkonto einbezahlt. Es gebe jedoch bisher keine Indizien, dass Nemsic in eine potenzielle Marktmanipulation verstrickt war.
Neun Millionen Euro möglicher Schaden
Im Mittelpunkt der Kursaffäre steht der PR-Berater Peter Hochegger. Die Telekom hat unlängst einen 400 Seiten starken Revisionsbericht zu den Tätigkeiten von Hochegger vorgelegt, der vor Unglaublichkeiten und Skurrilitäten strotzt. So wurde für ein dreimonatiges „Screening“ osteuropäischer Telekomunternehmen an Hochegger laut Bericht insgesamt 1,5 Millionen Euro gezahlt - macht fast 20.000 Euro pro Werktag.
Sollte es im Februar 2004 tatsächlich zu einer Kursmanipulation zugunsten des Konzernmanagements gekommen sein, wären die Telekom und deren Aktionäre um rund neun Millionen Euro betrogen worden.
Umfangreiche Ermittlungen
Vergangene Woche bestätigte die Staatsanwaltschaft Wien einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Format“, wonach sich der frühere Telekom-Vorstand Gernot Schieszler als Kronzeuge angeboten habe. Schieszler wolle Kronzeuge werden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Thomas Vecsey.
Auch gegen Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt, die früheren Vorstände Rudolf Fischer und Stefano Colombo, gegen Peter Hochegger und den Investmentbanker Johann Wanovits sowie gegen Sundt-Nachfolger Nemsic ermittelt die Staatsanwaltschaft. Für sie gilt die Unschuldsvermutung. Der aktuelle Telekom-Chef Hannes Ametsreiter hingegen steht nicht auf der Liste der Beschuldigten.
Ermittelt wird von der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue. Der Strafrahmen liegt bei bis zu zehn Jahren. Auch weitere Wirtschaftsdelikte könnten in der Causa untersucht werden, etwa aktienrechtliche oder börsenrechtliche Verstöße.
ÖIAG und FMA unter Druck
Im 400 Seiten starken Revisionsbericht der Telekom spielen auch umstrittene Immobiliengeschäfte eine Rolle. Hier erhofft sich auch die Telekom-Sprecherin der Grünen, Gabriela Moser, mehr Aufdeckung. Sie hat für morgen, Mittwoch, zu einer Pressekonferenz geladen und will unter anderem wissen, ob die Telekom auch bei den Immodeals reinen Tisch machen will.
Für die Staatsholding ÖIAG geht es um Vergangenheitsbewältigung. Sie hatte aufgrund der schiefen Optik das Bonusprogramm nur unter Vorbehalt ausgezahlt, hatte aber den bisherigen Vorstand nur wenige Monate später komplett wiederbestellt. Bisher wurde darauf verwiesen, dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) damals nichts Verdächtiges entdecken konnte. Die wiederum rechtfertigt sich, dass ihr im Jahr 2004 die Instrumente gefehlt hätten, um die Manipulation aufzudecken. Schwung kam in die Affäre erst wieder, als im Zuge der BUWOG-Affäre bei Hausdurchsuchungen bei Hochegger verdächtige Rechnungen gefunden wurden.
Link: