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Interne Positionskämpfe

Nach einem Minus von 44 Millionen Euro im zweiten Quartal herrscht bei der Elektronikkette Media-Saturn Handlungsbedarf. Im Herbst will man in Deutschland schrittweise mit dem längst erwarteten Onlinevertrieb starten. Im Weg stand dabei lange Zeit die dezentrale Organisation der Elektronikmärkte.

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„Wir haben in Preise investiert, bevor wir die Kostenseite nachziehen können“, so Metro-Chef Eckhard Cordes am Dienstag bei der Bilanzpräsentation. Die Elektronikketten hätten in einigen Ländern wie Deutschland die Kosten- und in der Folge auch die Preisführerschaft verloren. Deshalb habe Media-Saturn umgehend mit Preissenkungen reagiert.

Zu den roten Quartalszahlen von Media-Saturn hätten mehrere Faktoren geführt, zu denen Verluste in Frankreich und China sowie Aufbaukosten im Internetgeschäft gehörten. Im zweiten Halbjahr sollen die Elektronikketten den Ergebnisrückgang aus den ersten sechs Monaten teilweise wieder aufholen. Auch ihr Umsatz werde anziehen. Dazu werde der jüngst übernommene Internethändler redcoon beitragen.

Märkte bestimmen Preise selbst

Reichlich spät soll nun im Oktober (Saturn) beziehungsweise im kommenden Jänner (Media Markt) die Internetära für die Elektronikmärkte mit Onlineshops für Deutschland starten. In Österreich und den Niederlanden verkauft Media Markt seit vergangenem Sommer auch online. „Wenn die Geschäfte gut laufen, besteht immer die Gefahr, dass man sich ein wenig zurücklehnt. Dabei haben wir es verpasst, unsere Marketingstrategie ausreichend an die sich verändernden Kundenbedürfnisse anzupassen und auch das Onlinebusiness haben wir zu lange zu wenig ernst genommen“, sagt eine Media-Saturn-Sprecherin auf Anfrage von ORF.at.

Zum Deutschland-Start verspricht der Konzern Preissenkungen. Das Onlinestartsortiment von 2.500 Artikeln soll zu Onlinepreisen auch im Geschäft erhältlich sein. Das ist eine Zäsur für die Preisgestaltung. Jeder Media Markt und Saturn macht seine Preise bisher selbstständig, die Geschäftsführer sind mit bis zu zehn Prozent am Gewinn beteiligt. Das System der Preisgestaltung hatte lange Zeit den Internetstart erschwert.

An der individuellen Preisgestaltung wolle man aber dennoch festhalten, wie Media-Saturn gegenüber ORF.at bestätigt: „Media Markt ist ein dezentral organisiertes Unternehmen. Unser Ziel ist es, in jeder Standortregion die größte Auswahl zu regional günstigsten Preisen zu bieten. Dafür ist eine regional unterschiedliche Preisgestaltung auch künftig ein wichtiger Bestandteil.“

Einkauf Online und in Geschäften

„Wir wollen unsere Marken Media Markt und Saturn wieder richtig sexy machen“, kündigte Media-Saturn-Finanzchef Rolf Hagemann vor kurzem an. Den klassischen Stammkunden, der immer in den Media Markt gehe, gebe es nicht mehr. „Am Samstag will er vielleicht in einem unserer Märkte einkaufen, an einem anderen Tag ist er dagegen froh, wenn er von zu Hause bestellen kann und alles geliefert bekommt.“ Um den verwöhnten Konsumenten zufriedenzustellen, will Media-Saturn sie im Geschäft und im Internet bedienen. Auch online bestellen und im Geschäft zurückgeben soll möglich sein.

„Wichtig ist vor allem, dass wir beim Einstieg ins Onlinegeschäft Gas geben. Hier gibt es einen klar definierten Fahrplan. Die Ideen dazu hatten wir schon länger, aber vor zwei, drei Jahren wären sie den örtlichen Geschäftsführern nur schwer vermittelbar gewesen. In unserer dezentralen Struktur dauern solche Abstimmungsprozesse eben länger“, heißt es von Media-Saturn.

Redcoon und die Multichannelstrategie

Saturn.de und MediaMarkt.de sind für den Mutterkonzern Metro aber nicht die einzigen Projekte der Onlineoffensive. Mit redcoon hat der Konzern in diesem Jahr bereits einen reinen Internethändler gekauft. Das Unternehmen mit Sitz in Aschaffenburg erzielte mit 500 Mitarbeitern 2010 einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro. 2015 soll der redcoon-Umsatz auf mindestens eine Milliarde Euro klettern.

Laut Media-Saturn setze man künftig auf Multichannel: Media Markt und Saturn werden sowohl stationär als auch online für die Kunden da sein. Daneben und unabhängig wolle man im Markt auch verstärkt als reiner Onlineanbieter auftreten. „Mit der Akquisition von redcoon haben wir hierzu den ersten Schritt getan, dem weitere folgen sollen. Mit dieser forcierten Onlinestrategie wollen wir nach der stationären auch die Onlinemarktführerschaft im Elektrofachhandel in Europa erlangen und bereits 2015 rund fünf Milliarden Euro umsetzen“, sagt die Sprecherin.

Drei Marken unter einem Dach

Die Marke redcoon soll auch langfristig erhalten bleiben. „Wir verfolgen langfristige Ziele mit klaren Markenbotschaften. Und mit der Akquisition von redcoon weiten wir unsere bisherige Zweimarkenstrategie nun auf eine Dreimarkenstrategie aus“, sagt Media-Saturn gegenüber ORF.at.

Darüber hinaus hält Media-Saturn nach weiteren Zukäufen im Internet Ausschau. „Wir scannen den Markt genau“, sagte Media-Saturn-Manager Hagemann kürzlich.

Interne Meinungsverschiedenheiten

Dabei kommt es aber offenbar zu internen Meinungsverschiedenheiten. Cordes warf dem Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals vor, die Geschäftsführung der Elektronikketten zu schwächen. Kellerhals habe dem Kauf von zwei kleinen Internetfirmen nicht zugestimmt. Er sehe zwar keine generelle Blockade bei Media-Saturn durch Kellerhals. Aber dessen jüngstes Votum sei nicht im Interesse des Managements.

Ein Sprecher von Kellerhals sagte, der Media-Markt-Gründer wolle verhindern, dass mehrere Zukäufe auf einmal zu viele Kapazitäten der Media-Saturn-Geschäftsführung binden könnten. Metro besitzt gut 75 Prozent der Media-Saturn-Holding (Ingolstadt). Kellerhals und die Metro AG streiten sich bereits vor Gericht.

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