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10.000 Millisievert pro Stunde

Auf dem Gelände des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima I ist nach Angaben des Betreibers die höchste radioaktive Strahlung seit der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe am 11. März gemessen worden. In der Nähe der radioaktiv verseuchten Abfälle aus den Reaktoren 1 und 2 liege die Strahlung bei mindestens 10.000 Millisievert pro Stunde, teilte der Betreiber TEPCO am Montag mit.

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Damit wurde der bisherige Höchstwert, der am 3. Juni im Inneren des zerstörten Reaktors 1 gemessen wurde, um mehr als das Doppelte überschritten. Damals erreichte die Strahlenbelastung zwischen 3.000 und 4.000 Millisievert pro Stunde. Die Ursache für die neue Rekordstrahlung wurde laut einem TEPCO-Sprecher am Montag noch geprüft.

Schwere Schäden schon ab 1.000 Millisievert

Millisievert ist die Einheit, in der Fachleute radioaktive Strahlung mit Blick auf ihre biologische Schädlichkeit bewerten. Mit der Zahl wird die medizinische Gefährdung ausgedrückt, der ein menschlicher Körper ausgesetzt ist, wenn ihn eine Strahlendosis mit einem bestimmten Energiegehalt trifft.

Satellitenbild des AKW Fukushima vom 17. März 2011

AP/DigitalGlobe

Am 11. März zerstörte ein Tsunami das AKW Fukushima I schwer

Gravierende akute Strahlenschäden treten schon nach kurzer Zeit bereits bei einer Strahlung von 1.000 Millisievert auf. Bei einigen Menschen löst bereits eine Bestrahlung mit 100 Millisievert körperliche Folgen wie Übelkeit und Erbrechen aus. Angesichts der Atomkatastrophe hob die japanische Regierung die zugelassene Höchstgrenze für Arbeiter in einem Kernkraftwerk von 100 auf 250 Millisievert an.

Strahlung bei Abzugsrohr gemessen

Der neue Rekordwert an Strahlung wurde am Boden eines Abzugsrohrs zwischen den Reaktoren 1 und 2 gemessen, wie die Agentur Jiji Press meldete. Ob die neuen Höchstwerte mit dem Beben im Zusammenhang stehen, das in der Nacht auf Sonntag die Präfektur Fukushima erschütterte, ist nicht klar. Das Zentrum des Bebens der Stärke 6,4 lag 100 Kilometer südsüdöstlich der Stadt Fukushima in einer Tiefe von etwa 40 Kilometern.

Angst vor verstrahlten Lebensmitteln

In der Region rund um das Atomkraftwerk kämpfen die Menschen noch immer mit den Folgen des Super-GAUS. Erst am Sonntag demonstrierten 1.700 Menschen in der Stadt Fukushima für ein Ende der Atomkraftnutzung. „Schafft alle Atomkraftwerke ab“ und „Gebt uns das nicht verstrahlte Fukushima zurück“, riefen die Demonstranten laut Berichten der örtlichen Medien. An der vom Japanischen Kongress gegen Atom- und Wasserstoffbomben organisierten Demonstration beteiligten sich auch viele Menschen, die wegen der Atomkatastrophe ihre Häuser im Umkreis des havarierten Kraftwerks verlassen mussten.

Ein Stück japanisches Rindfleisch wird auf Radioaktivität untersucht

Reuters/Yuriko Nakao

Im Rindfleisch wurden erhöhte Cäsiumwerte festgestellt

In der Bevölkerung wächst unterdessen die Angst vor verseuchten Lebensmitteln. Mehr als ein Dutzend japanischer Präfekturen wollen nun ihre Reisfelder auf Radioaktivität untersuchen lassen, teilten Beamte des Agrarministeriums am Montag mit. In mindestens 14 Präfekturen im Nordosten werde noch vor der Ernte untersucht, ob die Menge von radioaktivem Cäsium im Reis die Grenzwerte überschreitet.

Maß für Atomzerfall pro Sekunde

Gemessen wird radioaktive Strahlung in Substanzen in der Einheit Becquerel (Bq) - ein Bq bedeutet dabei den Zerfall von einem Atom pro Sekunde. Der Wert Becquerel sagt noch nicht direkt etwas über die Gesundheitsgefahr aus. Diese Strahlenbelastung für den Menschen wird in Sievert gemessen.

Handelsverbot von Rindfleisch

Bei verschiedenen Produkten wurde bereits überhöhte Strahlung festgestellt. So hat die japanische Regierung das Handelsverbot für belastetes Rindfleisch ausgeweitet. Das Verbot für den Verkauf von Rindfleisch aus der Präfektur Fukushima werde auf die angrenzende Präfektur Miyagi ausgedehnt, teilte Regierungssprecher Yukio Edano mit. Nach Angaben der Behörden wurden in der Präfektur im Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu mindestens sechs radioaktiv belastete Rinder entdeckt.

Es wird befürchtet, dass landesweit seit dem Atomunfall in Fukushima Mitte März das Fleisch von bis zu 3.000 Rindern, die radioaktiv verseuchtes Reisstroh gefressen haben, in den Handel gelangte. Nachdem Mitte Juli in Tokio Rindfleisch mit einer potenziell gesundheitsgefährdenden Konzentration von Cäsium entdeckt worden war, verhängte die Regierung vergangene Woche ein Handelsverbot für Rindfleisch aus Fukushima.

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