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Hauptbahnhof wieder freigegeben

In der norwegischen Hauptstadt Oslo herrscht bei der Polizei nach dem Sprengstoffanschlag im Regierungsviertel und dem Massaker auf der Insel Utöya große Nervosität. Norwegens Behörden sind seit Freitag in erhöhter Alarmbereitschaft. Ein Einsatz am Mittwoch im Hauptbahnhof erwies sich allerdings als Fehlalarm.

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Der teilweise geräumte Hauptbahnhof wurde nach der Durchsuchung eines verdächtigen Koffers wieder freigegeben. Das berichtete die Nachrichtenagentur NTB am Mittwoch unter Berufung auf Polizeiangaben. Im Berufsverkehr auf dem Bahnhof hatte ein Buspassagier einen herrenlosen Koffer entdeckt, worauf der Fahrer die Polizei alarmierte.

Sprengstoffexperten fanden nichts

Wie der Fernsehsender TV2 berichtete, waren Hunde zum Aufspüren von Sprengstoff im Einsatz. Die Polizei suchte demnach nach einem 25 bis 30 Jahre alten Mann mit einer schwarz-weißen Kopfbedeckung. Er soll dem Bericht zufolge kurzzeitig in einen der Busse eingestiegen sein, die derzeit die Bahn zum Flughafen ersetzen. Er habe den Koffer abgestellt und sei dann wieder ausgestiegen. Der Inhalt des Koffers erwies sich bei der Prüfung durch Experten allerdings als harmlos.

Ein Polizist vor dem Osloer Hauptbahnhof

APA/EPA/dpa/Jörg Carstensen

Oslos Hauptbahnhof wurde abgeriegelt

Fahndung nach „gefährlichem“ Breivik-Anhänger

Die Polizei fahndet unterdessen nach einem möglicherweise gewaltbereiten Verehrer des mutmaßlichen Attentäters Anders Behring Breivik. Der Mann identifiziere sich mit Behring Breivik und gelte als psychisch instabil und gefährlich, berichtete der Fernsehsender NRK am Mittwoch.

Die Polizei veröffentlichte ein Foto des 42-Jährigen, der nach einem Angriff auf eine Polizeistation erst am Montag aus dem Gefängnis entlassen worden war. Polizeisprecher Per Thomas Omholdt sagte der Nachrichtenagentur AFP, es gebe keine direkte Verbindung zwischen dem gesuchten Verdächtigen und den Anschlägen Breiviks von Freitag. Der Mann solle aber festgenommen und von einem Arzt untersucht werden.

Geheimdienst: Kein Hinweis auf „Zellen“

Der norwegische Geheimdienst hat bisher keine Hinweise auf Verbindungen Breiviks zu „Zellen“ von Gleichgesinnten in Europa. Seit Freitag beschäftige sich der Geheimdienst eingehend mit der Frage nach Komplizen und werde dem auch weiter nachgehen, sagte Geheimdienstchefin Janne Kristiansen am Mittwoch in London. „Im Moment haben wir keine Belege für die Existenz anderer Zellen, weder in Norwegen noch in Großbritannien“, fügte sie hinzu. Die Behörden arbeiteten aber eng mit jenen in Europa, den USA und anderswo zusammen.

Breivik hatte nach Angaben seines Anwalts am Dienstag geäußert, nicht nur Kontakte zu zwei „Zellen“ in Norwegen, sondern auch zu Gleichgesinnten im Ausland gehabt zu haben. Sie halte das für „möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich“, sagte Kristiansen dazu. Mehrere Regionalzeitungen zitierten Kristiansen mit der Äußerung: „Das ist ein einsamer Wolf, der unter alle unsere Radarsysteme schlüpfen konnte.“

Sprengstoff auf Breivik-Farm entdeckt

Die Polizei hatte am Dienstag auf dem Bauernhof Breiviks Sprengstoff kontrolliert zur Explosion gebracht. Wie norwegische Medien am Abend berichteten, konnte eine Behördensprecherin nicht sagen, um welchen Sprengstoff es sich handelte.

Die Farm rund 160 Kilometer nördlich von Oslo sei von Breivik angemietet gewesen. Der 32-jährige Norweger hatte bei seinen zwei Anschlägen in Oslo und auf der Insel Utöya am Freitag mindestens 76 Menschen getötet. Breivik hatte den Hof offenbar unter dem Vorwand angemietet, dort Gemüse anbauen zu wollen. Wie norwegische Medien weiter berichteten, nutzte er ihn jedoch als Versteck zum Bau von Bomben. Nach Angaben von Düngemittelvertreibern kaufte der Norweger seit Anfang Mai rund sechs Tonnen Dünger ein.

Details über Haftbedingungen

Unterdessen wurden Details über die Haftbedingungen bekannt. Breivik wird in der Haftanstalt Ila bei Sandvika westlich von Oslo festgehalten. Dabei soll er in einer sieben Quadratmeter kleinen Zelle rund um die Uhr überwacht werden, um einen Selbstmord auszuschließen. Die Zeitung „Verdens Gang“ berichtete am Mittwoch in ihrer Onlineausgabe, dass der 32-Jährige hier die erste Hälfte der vorerst acht Wochen Untersuchungshaft mit fast kompletter Kontaktsperre verbringen muss.

Ein Sprecher der Gefängnisaufsicht gab an, dass man die normalerweise vorgesehene Bezirkshaftanstalt Ringerike wegen der Lage direkt am Tyrifjord ausgeschlossen habe. In dem Fjord liegt die Insel Utöya. Nach Angaben des Gefängnisdirektors Knut Bjarkeid in „Verdens Gang“ gibt es in Breiviks Zelle nur Bett, Toilette, Sessel und einen Tisch. Kontakt mit anderen Gefangenem sei in den ersten vier Wochen ausgeschlossen. In dieser Zeit darf der geständige Attentäter ausschließlich mit seinem Anwalt Geir Lippestad und der Polizei sprechen.

TV-Hinweis

Das „Weltjournal“ widmet sich am Mittwoch um 22.30 Uhr in ORF2 dem Thema „Europas Rechte: Radikal bis populistisch“. Dabei werden rechte Parteien in Schweden, Deutschland, Ungarn und Italien beleuchtet - mehr dazu in tv.ORF.at.

Außerdem sollen zwei Rechtspsychiater mit einer mehrmonatigen Untersuchung des Inhaftierten auf seinen Geisteszustand beginnen. Breiviks Verteidiger hatte am Dienstag gesagt, dass er seinen Mandanten für geisteskrank halte.

In Schützenclub trainiert

Breivik trainierte für das Massaker in einem norwegischen Schützenclub. Der Osloer Pistolenclub teilte Mittwochfrüh auf seiner Website mit, dass Breivik von 2005 bis 2007 und erneut ab Juni 2010 Mitglied gewesen sei. Weiter hieß es in der Mitteilung: „Breivik hat als Mitglied an 13 organisierten Trainingseinheiten mit anderen sowie einem Wettbewerb teilgenommen.“ Bei dem Massaker am Freitag hatte Breivik mit zwei legal erworbenen Waffen, einer Pistole und einem Schnellfeuergewehr, geschossen.

In der Erklärung des Schützenclubs hieß es, Breivik habe sich „weder politisch bemerkbar gemacht noch in anderer Weise irgendwelche Verhaltensweisen als Vorwarnung für die zutiefst tragischen Ereignisse an den Tag gelegt“. Man habe ihn „mit sofortiger Wirkung“ ausgeschlossen.

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