Karl: Justiz „Litauen mehrmals entgegengekommen“

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Im Fall des Ex-KGB-Offiziers Michail Golowatow ist Österreich Litauen nach Darstellung von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) mehrmals entgegengekommen. In einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) verwies Karl auf entsprechende Fristverlängerungen vor der Freilassung des per europäischen Haftbefehls gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechers. Eine 48-stündige Festhaltung wäre nicht möglich gewesen.

„Die Justiz ist mehrfach Litauen entgegengekommen, indem die Frist verlängert wurde“, sagte die ÖVP-Ministerin. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Fall nämlich „unverzüglich“ entscheiden müssen. „Der Freiheitsentzug ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte. Die Fristsetzung war ein Entgegenkommen gegenüber Litauen. Die Justiz musste dabei aufpassen, dass sie nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstößt.“

„Kein Kontakt zu Russen“

„Energisch“ widersprach Karl dem Vorwurf, Österreich habe Golowatow auf russischen Druck hin schnell abgeschoben. „Ich hatte keinen Kontakt zu Russen“, sagte sie. Zu den Interventionen des russischen Botschafters in dem Fall sagte sie: „Jeder Bürger hat das Recht, von seiner Botschaft konsularisch betreut zu werden.“

Faymann: „Nichts zu verbergen“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will sich in der Affäre nicht bei Litauen entschuldigen. Es habe nämlich „in Österreich eine unabhängige Behörde unabhängig entschieden“, sagte Faymann im Ö1-Mittagsjournal.

Zugleich verwies er auf die von Karl mit Litauen vereinbarte bilaterale Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung des Falls. „Wir haben nichts zu verheimlichen. Wenn man sieht, wie die Entscheidung gefallen ist, wird man beim Partner auf Verständnis stoßen“, sagte der Bundeskanzler.

Pilz erhebt schwere Vorwürfe

Der grüne Sicherheitssprechers Peter Pilz warf dem Generalsekretär im Außenministerium, Johannes Kyrle, unterdessen in dem Fall „Lügen“ vor. Es gelte jetzt zu klären, ob die Freilassung Golowatows kurz nach seiner Festnahme auf dem Flughafen Wien-Schwechat am 14. Juli „eine Aktion“ Kyrles gewesen sei: „Dann ist er für mich rücktrittsreif“, sagte Pilz.

„Mit seiner öffentlichen Erklärung, es habe keine russische Intervention gegeben, hat der Generalsekretär des Außenministeriums ganz offen gelogen.“ Das werde „parlamentarische Folgen haben“, sagte Pilz weiter. Er verlangte vom Außenministerium die Offenlegung der entsprechenden Akten, eine „detaillierte Dokumentation der erfolgreichen Erpressung“ und eine parlamentarische Untersuchung.

Anwalt: Haftbefehl „war sehr schlecht gemacht“

Golowatow hat seinem österreichischen Anwalt zufolge nichts von dem litauischen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechens gewusst. „Ihm wurden nie entsprechende Unterlagen zugestellt“, sagte Gabriel Lansky der Tageszeitung „Kurier“ (Samstag-Ausgabe). „Der Haftbefehl war sehr schlecht gemacht“. Er verteidigt den Ex-KGB-Offizier im Auftrag der russischen Botschaft.

Der jetzige russische Sportfunktionär reiste nach der Ausstellung des Haftbefehls im vergangenen Oktober mehrmals in den Schengen-Raum ein. Ein finnischer Außenamtssprecher erklärte die Nicht-Festnahme Golowatows mit unterschiedlichen Schreibweisen in dessen Papieren und dem Schengen-System, in dem der Haftbefehl gespeichert ist. „Nicht erklären“ kann sich unterdessen der tschechische Ministeriumssprecher Vit Kolar, dass Golowatow zweimal nach Tschechien reisen konnte.