„Wir hatten einfach Glück“
Kinderstars haben es schwer im Leben. Der frühe Ruhm, Drill statt Persönlichkeitsentwicklung, Arbeit statt spielen, Arbeitskollegen statt Spielkameraden: Nicht wenige straucheln dann als junge Erwachsene - siehe Lindsay Lohan. Bei den Stars der Harry-Potter-Filme zeichnet sich ein solches Schicksal nicht ab.
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Daniel Radcliffe, der als Elfjähriger für die Hauptrolle gecastet wurde und bald 22 wird, kann die Frage nach der Falle, in die junge Stars oft tappen, nicht mehr hören, wie er gegenüber der Nachrichtenagentur AP sagte: „Ich habe diese Frage so oft beantworten müssen, dass ich mir schließlich gedacht habe: ’Jesus, wenn Ihr mich das so oft fragt und ich dann wirklich in der Gosse ende, dann hört diese Art von Fragen niemals auf.“ Also müsse er sich zusammenreißen und ein gutes Beispiel abgeben: „Wenn wir alle aus dem großen Filmgeschäft dann erfolgreiche, ausbalancierte Leben führen, hoffe ich, den Weg für die nächste Generation an Kinderstars geebnet zu haben - damit sie diese Frage nicht mehr gestellt bekommen.“

APA/EPA/William Conran
Rupert Grint, Joanne K. Rowling, Daniel Radcliffe und Emma Watson bei der Präsentation des ersten Films
Radcliffe spricht von „Alkoholproblem“
Größere Eskapaden blieben bei Radcliffe und seinen beiden Kostars Emma Watson (Hermine Granger) und Rupert Grint (Ron Weasley) bisher aus. Radcliffe hat für eines der wenigen „Skandälchen“ des Potter-Trios gesorgt. 2007 stand er im Theaterstück „Equus“ nackt auf der Bühne - mitten zu Spitzenzeiten der „Potter“-Filme.
Kürzlich verriet er dem Magazin „GQ“, dass er einige Zeit lang ein Alkoholproblem hatte - von welchem Ausmaß er spricht, sei dahingestellt. Vor allem während der „Potter“-Dreharbeiten 2009 habe er gedacht, er müsste unbedingt ein „Promileben“ führen und habe sich mehr und mehr auf den Alkohol verlassen. Das aber entspreche eigentlich nicht seinem wahren Ich. Seit fast einem Jahr habe er deshalb nichts getrunken und gehe statt dem Partymachen seinen Lieblingsbeschäftigungen nach: entspannt zu Hause sitzen und lesen, mit Freunden essen gehen, gute Gespräche führen.
Hauptrolle in Mystery-Thriller
Sein Wunsch nach anspruchsvollen Rollen könnte ihm den Pfad zum Charakterdarsteller ebnen. Neben den „Potter“-Drehterminen spielte er in den vergangenen Jahren vor allem Theater und war unter anderem am Broadway in New York zu sehen. Dort wohnt er mittlerweile auch. Momentan spielt er im Musical „How to Succeed in Business Without Really Trying“. Demnächst ist er (mit Bart!) im Mystery-Thriller „The Woman in Black“ auf der Leinwand zu sehen (hier ein erster Trailer). Böse Zungen unken, dass Radcliffe aufgrund seines Aussehens nicht zum Superstar taugt - sehr wohl aber zum Charaktermimen.
Kein Mauerblümchen
Watson scheint ihrem Filmimage als fleißiges, zielstrebiges Mädchen auch im Privatleben nachzukommen. Die 21-Jährige dreht derzeit die Literaturverfilmung „The Perks of Being a Wallflower“. 2009 begann sie zudem ein Kunststudium an der renommierten Brown University in den USA. Gerade legt sie dort eine Pause ein und überlegt, ein Auslandssemester zu machen, wie sie selber berichtete.
Watson ist aber auch zur Modeikone aufgestiegen: Sie war in zahlreichen großen Kampagnen als Model zu sehen - für Burberry zum Beispiel und Chanel. Im Juli ziert sie das Cover der „Vogue“.
Schminkraum statt Spielplatz
Anders als Radcliffe hadert Watson mit ihrer Zeit als Hermine-Darstellerin - auch wenn sie diese nicht missen möchte. In der US-Ausgabe der „Vogue“ sagte sie: „Ich hatte keine Kontrolle über mein Leben. Ich lebte in einer Blase. Ich wurde gefunden und ausgesucht für die Rolle. Und jetzt versuche ich verzweifelt, meinen Weg da durch zu finden.“
Weder sie, die bei Drehbeginn neun Jahre alt war, noch ihre Eltern, Rechtsanwälte von Beruf, seien wirklich darauf vorbereitet gewesen, was auf die 21-Jährige zukommen würde, während andere ihre Jugend genossen: Jahre des ständigen Drehens und Interviewgebens. Die Filmcrew sei zu ihrer Ersatzfamilie, der Schminkraum ihr Spielplatz geworden, so Watson: „Ich saß oft da und spielte mit Lippenstiften, Grundierungen und Lidschatten.“ In anderen Interviews äußerte sie sich weit positiver.
„Ron“ mit mehreren Filmen am Start
Grint jedenfalls stand ebenfalls bereits abseits von „Harry Potter“ vor der Kamera. Parallel zum letzten „Potter"-Film arbeitete der 22-Jährige hart und hat nun gleich mehrere Filme parat, die bald herauskommen, wie Britta Gürke von der deutschen Nachrichtenagentur dpa berichtete. Mit den deutschen Nachwuchsstars David Kross (21/"Der Vorleser“) und Florian Lukas drehte er „Comrades“ über eine Freundschaft zwischen deutschen und britischen Piloten im Zweiten Weltkrieg.
Einen Soldaten spielt er auch in „Wartime Wanderers“, und zwar an der Seite von Sean Maguire. Außerdem wird er als der britische Skisprung-Clown „Eddie The Eagle“ zu sehen sein. Immer wieder sagt er, dass er sich auch sehr für Musik interessiert. Auf seinem Bewerbungsvideo für die Rolle von Harrys bestem Freund Ron Weasley trug er immerhin einen selbst geschriebenen Rap vor. Vielleicht geht er ja auch irgendwann stärker dieser Leidenschaft nach.
„Niemand ist mit zwölf ein Schauspieler“
Wenn man den Produzenten, den Eltern der jungen Darsteller und diesen selbst Glauben schenken darf, wurde sehr viel Augenmerk darauf gelegt, dem klassischen Kinderstardilemma zu entgehen. Die Filme wurden nicht in Hollywood, sondern in der Nähe von London gedreht.
Das sei ein entscheidender Unterschied, sagte Radcliffe gegenüber AP und widerspricht damit ein wenig seiner Kollegin Watson: „In den USA wirst du zuerst als Schauspieler und dann als Kind behandelt. Hier wirst du hingegen sehr wie ein Kind behandelt und erst dann als Schauspieler. Eigentlich wird man gar nicht wie ein Schauspieler behandelt. Du wirst behandelt wie ein Kind auf einem Filmset - und so sollte es auch sein, weil zu dem Zeitpunkt bist Du auch noch nichts anderes. Niemand ist mit zwölf ein Schauspieler.“
Magier mit guten Zukunftsaussichten
David Barron, der als Produzent der meisten Potter-Filme fungierte, streicht vor allem die zentrale Rolle der Familien hervor: „Wir hätten das alles nicht ohne die Unterstützung der Familien geschafft, die sich großartig um die drei gekümmert haben gemeinsam mit unserem Team, allesamt wundervolle Leute. Die drei haben sehr starke Familien, die für die nötige Bodenhaftung gesorgt haben.“
Außerdem habe man ganz einfach Glück gehabt mit dem Casting der drei Charaktere. Von Glück spricht auch Hermine-Darstellerin Watson: „Wir hatten einfach Glück, dass wir auf keine Art und Weise ausgenutzt wurden.“ Ein zauberhaftes Filmleben also für die drei Magier, mit besten Aussichten für die Zukunft.
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