Freilassung beim Italiener gefeiert
Nach der überraschenden Freilassung des ehemaligen Chefs des Weltwährungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, aus seinem Hausarrest, wird in US-Medien nun bereits offen über eine baldige Einstellung des Verfahrens spekuliert. Außer Frage steht, dass an der Glaubwürdigkeit jener Hotelangestellten, die mit ihren Vorwürfen den Fall erst ins Rollen brachte, ernsthafte Zweifel aufgetreten sind.
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Im Zentrum der aktuellen Entwicklung steht laut „New York Times“ („NYT“) ein Telefonat, das die aus Guinea stammende Frau mit einem im Bundesstaat Arizona inhaftierten Bekannten geführt haben soll. Rund 48 Stunden, nachdem die 32-Jährige Strauss-Kahn massive sexuelle Übergriffe in einer Suite im New Yorker Hotel Sofitel vorwarf, soll die Kronzeugin des Verfahrens darin betont haben: „Mach dir keine Sorgen, dieser Typ hat viel Geld, ich weiß, was ich tue“, wie die Zeitung unter Berufung auf einen mit dem Fall vertrauten Justizbeamten berichtet.
Den Angaben zufolge soll das aufgezeichnete Gespräch in Fulani, einem auch in Guinea gesprochenen Dialekt, geführt worden sein und wurde erst am Mittwoch übersetzt. Erste Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Aussagen seien laut „NYT“ bereits zuvor aufgetreten, da sich die Frau seit den mutmaßlichen Ereignissen vom 14. Mai offenbar mehrmals in Widersprüche verstrickt haben soll.
Staatsanwalt bestätigt Falschaussage
Auch die Staatsanwaltschaft informierte das Gericht am Freitag über eine Falschaussage des mutmaßlichen Opfers. Wie aus Unterlagen der Anklage hervorgeht, sagte die Frau bei einer Aussage vor Geschworenen nicht, dass sie nach dem angeblichen Vorfall in der Suite 2806 des Luxushotels zunächst noch ein anderes Zimmer reinigte, bevor sie ihren Vorgesetzten informierte. Ungeachtet dessen gebe es aber weiterhin klare Beweise dafür, dass es sexuellen Kontakt zwischen ihr und Strauss-Kahn gegeben habe. Somit werden die Ermittlungen zu den Vergewaltigungsvorwürfen fortgesetzt.
Dennoch entschied der zuständige Richter am Freitag, Strauss-Kahn wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers unter Auflagen freizulassen. Da die Justiz Strauss-Kahns Pass einbehielt, kann er sich vorläufig nur innerhalb der USA frei bewegen.
„Opfer einer brutalen Vergewaltigung“
Der Anwalt der Anklägerin bezeichnete die Vorwürfe unterdessen als „Lügen“. Seine Mandantin habe zwar „einige Fehler“ gemacht, sie sei aber nicht in kriminelle Machenschaften wie Drogenhandel verstrickt. Entgegen der Behauptung der Verteidigung sei die Frau auch nicht aus freien Stücken zum Oralsex bereit gewesen. Vielmehr lägen mehrere Beweisstücke vor, wonach Strauss-Kahn seine Mandantin brutal vergewaltigt habe, wie Anwalt Kenneth Thompson am Freitag vor dem Gerichtssaal in Manhattan betonte.
Laut „NYT“ ist der Fall nun dennoch „einen Schritt näher an der Einstellung“. Auch im „Wall Street Journal“ („WSJ“) war am Samstag zu lesen: „Der Fall ist vorbei. Oder er sollte zumindest vorbei sein.“
„Kein Kommentar“
Strauss-Kahn will nach seiner Entlassung aus dem Hausarrest vorerst weiter nicht öffentlich Stellung zu den Vorwürfen gegen ihn abgeben. „Er wird sich äußern, wenn jeglicher Verdacht beseitigt ist“, sagte sein französischer Anwalt Jean Veil am Freitagabend dem Fernsehsender BFM TV. Das werde dann sein, wenn Strauss-Kahn zurück in Frankreich sei. Ein Zeitpunkt dafür ist allerdings noch völlig ungewiss.

Reuters/Allison Joyce
Strauss-Kahn feierte seine Freilassung in einem Lokal in Manhattan.
Nach der Entscheidung des Gerichts war der frühere IWF-Chef zunächst in seine Wohnung zurückgekehrt, in der er zuvor unter Hausarrest stand. Seine Freilassung feierte er schließlich zusammen mit seiner Frau Anne Sinclair und einem befreundeten Paar in einem italienischen Restaurant auf Manhattans Upper East Side.
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