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Steuer für Richter unbedenklich

Die seit Anfang des Jahres geltende Kursgewinnsteuer (Wertpapier-KESt) ist von Beginn an umstritten gewesen. Am Freitag kippte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Oktober-Termin für die automatische Abführung dieser Abgabe. Die Banken hatten vor allem die kurze Frist von der Beschlussfassung bis zur Umsetzung aufgrund der komplexen Umstellung der EDV-Systeme kritisiert.

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14 Banken hatten Individualbeschwerde eingelegt und nun in diesem Punkt Recht bekommen. Die grundsätzlichen Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Steuer teilten die Richter allerdings nicht. Die Besteuerung von Kursgewinnen und die Heranziehung der Banken für die Einhebung sei verfassungsrechtlich unbedenklich, stellte der VfGH fest. Nicht berührt sei das Inkrafttreten der Steuer, betonte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger.

Auch die von den Banken beklagten hohen Kosten seien nicht verfassungswidrig. Diese würden durch die Transaktion auf den Wertpapierdepots durch Gebühren verdienen. Diese Erträge liegen wohl „weit über den Kosten“, vermutete Holzinger. Er bemängelte zudem, dass die Vertreter der Banken im öffentlichen Verfahren nicht bereit gewesen wären, dazu Zahlen zu nennen.

Kostenschätzungen gehen auseinander

Die Banken schätzten, dass für die Umsetzung 261 Mio. Euro und für den laufenden Betrieb 55 Mio. Euro notwendig seien. Diese Zahlen wurden vonseiten des Ministeriums allerdings bezweifelt. Einer von der Regierung in Auftrag gegebenen Studie zufolge kostet die Umstellung zwischen 90 und 100 Mio. Euro, die laufenden Kosten liegen bei rund 20 Mio. Euro.

Wertpapier-KESt

Diese Kursgewinnsteuer, Teil des Budgetsparpakets, gilt seit 1. Jänner 2011. Ab Oktober 2011 hätte sie von den Banken rückwirkend eingehoben werden müssen. Demnach müssen Kursgewinne aus Aktien, Anleihen, Wertpapier- und Immobilienfonds sowie Derivaten mit 25 Prozent besteuert werden.

Für den VfGH ist die Steuer verfassungsrechtlich in Ordnung, der geplante Termin wurde aber gekippt. Das Finanzministerium sieht dennoch keinen unmittelbaren Handlungsbedarf: „Wir haben nach Vorlage der Gutachten erwartet, dass dieser Punkt angreifbar ist“, bekräftigte Ministeriumssprecher Harald Waiglein im APA-Gespräch.

Bis April verlängern

In einer Stellungnahme der Regierung an den Verfassungsgerichtshof wurde vonseiten der Regierung schon eine mögliche Verschiebung auf 1. April 2012 eingeräumt. Dieser Punkt wurde nun auch im Abgabenänderungsgesetz 2011 aufgegriffen. Diese Verschiebung dürfte ausreichend sein, so Waiglein. Schließlich sei das „eine technische Frage“.

SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zeigte sich mit der Entscheidung dennoch zufrieden. „Es ist erfreulich, dass der Verfassungsgerichtshof heute die Wertpapier-KESt in ihren Grundsätzen als verfassungskonform erklärt hat.“ Die Regierungsvorlage mit der Terminverschiebung liege bereits im Parlament.

Verschiebung „nicht ausreichend“

Für Herbert Pichler, Obmann der Sparte Bank und Versicherung bei der Wirtschaftskammer Österreich, hingegen ist auch die Verschiebung auf April kommenden Jahres „als Lösung nicht ausreichend“. Er sieht die Kritik der Banken bestätigt. Die Kursgewinnsteuer sei nach Ansicht der Kreditwirtschaft überhastet eingeführt worden. Es seien nach wie vor „zu viele Fragen offen“.

Er forderte rasche „intensive Gespräche“ über die Wertpapier-KESt. Wenn man die Last einer politischen Entscheidung den Banken aufbürde, müsse man für die Machbarkeit sorgen. Seine Kritik ist deutlich. „Offenkundig“ sei das Missverhältnis zwischen dem Aufwand der Banken für die Einhebung der Steuer und dem geplanten Steueraufkommen.

Ein von der Regierung beauftragtes Gutachten über die Machbarkeit hätte aber eine Mindestvorlaufzeit von zwölf bis 18 Monaten ergeben. In Deutschland dauerte die Einführung einer solchen Steuer zwei Jahre.

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