Kosovo nun größter Stolperstein
Nach der Auslieferung des früheren bosnisch-serbischen Generals Ratko Mladic an das UNO-Kriegsverbrechertribunal kann sich auch Serbien bessere Chancen auf einen EU-Beitritt machen. Der Balkanstaat müsse zudem ein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erhalten, sagte Präsident Boris Tadic zuletzt. Nun ist man auch zu einer Schritt-für-Schritt-Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo bereit.
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Serbien hofft darauf, Anfang kommenden Jahres Verhandlungen über einen EU-Beitritt aufnehmen zu können. Innerhalb von 30 bis 40 Tagen seien „Vereinbarungen“ zu bestimmten Themen mit der einstigen Provinz und inzwischen unabhängigen Republik Kosovo möglich, sagte Tadic am Dienstag in Brüssel.
Annäherung nur in Detailfragen?
Serbien erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo vom Februar 2008 nicht an. Die Regierung in Belgrad ist mit der Auslieferung Mladics dem gewünschten Beitritt zur EU zwar ein Stück näher gekommen, kann jedoch nur auf Mitgliedschaft hoffen, wenn sich auch die Beziehungen zu den Nachbarstaaten normalisiert haben.
„Ich erwarte Ergebnisse in einigen Bereichen. Nicht morgen, aber vielleicht in den nächsten 30 bis 40 Tagen“, sagte Tadic. Dabei könnte es beispielsweise um praktische Regelungen für die Ein- und Ausfuhr von Gütern über die Grenze zwischen Kosovo und Serbien gehen. Serbien hat bisher bei vier Runden im „Dialog“ mit dem Kosovo alles vermieden, was als Anerkennung des völkerrechtlichen Status des Kosovo verstanden werden könnte.
Alter Plan hervorgekramt
Den Kosovo anerkennen will Serbien nicht, versicherte Präsident Tadic erst am Montagabend. An Aktualität hat in Belgrad dieser Tage hingegen wieder einmal ein alter Vorschlag gewonnen. Vorbild ist ein Vertrag, mit dem DDR und BRD ihre wechselseitigen Beziehungen 1972 geregelt hatten, ohne dass es zu einer völkerrechtlichen Anerkennung seitens der BRD gekommen wäre.
Die Idee, auf so ähnliche Weise die Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina zu regeln, war bereits 2007 vom Kosovo-Verhandler der EU, Wolfgang Ischinger, vorgeschlagen worden, vom damaligen nationalkonservativen serbischen Regierungschef Vojislav Kostunica allerdings abgelehnt worden.
„Behandlung wie Kroatien verdient“
„Serbien hat die gleiche Behandlung wie unser Nachbarland Kroatien verdient, dem gleichzeitig der Kandidatenstatus und das Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen verliehen wurde“, sagte Tadic vergangene Woche. Es gebe keinen Grund, Serbien anders zu behandeln.
Tadic räumte ein, er glaube, dass Mladic bis Anfang 2008 von staatlichen Stellen bei seiner Flucht unterstützt worden sei. Mladic war - obwohl offiziell gesucht - Medienberichten zufolge immer wieder in der Öffentlichkeit zu sehen, etwa beim Besuch von Fußballspielen.
Reformen lassen auf sich warten
Im Bereich von Reformen sind die serbischen Behörden seit letztem Herbst bemüht, im Eiltempo diverse Gesetze zu erlassen. Viele Gesetze, die nun schleunigst verabschiedet werden sollen, sind den serbischen Behörden längst bekannt. Dennoch wurden sie in den letzten zehn Jahren immer wieder aufgeschoben. Das bezieht sich namentlich auf die gesetzliche Regelung der Rückerstattung des nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten Vermögens. Die früheren Versprechen, dass das Gesetz vor Sommer im Parlament sein werde, werden aber wohl fehlschlagen.
Die Behörden hatten in den letzten Jahren errechnet, dass die Entschädigung der einstigen Besitzer eine Höhe von mehreren Milliarden Euro haben dürfte und ließen wiederholt wissen, dass es sich hier um eine „den Möglichkeiten des Staates“ angepasste Vergütung handeln würde. Doch nicht einmal diese wurde umgesetzt.
Korruption als wunder Punkt
Auch bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und Korruption muss Belgrad noch manches beweisen. Dabei geht es eigentlich nicht nur um die Erlassung der Gesetze, sondern auch um ihre genaue Umsetzung. Gerade in diesem Bereich dürfte es noch länger Verzögerungen geben.
Erst jetzt werde sich herausstellen, ob die serbischen Behörden wirklich den politischen Willen hätten, alle Voraussetzungen für die EU-Eingliederung zu erfüllen, meinte Dragomir Jankovic vom Belgrader Europäischen Wirtschaftsinstitut. Mladic sei lange Zeit als Ausrede für den fehlenden politischen Willen genutzt worden - nicht nur in Serbien, auch in der Europäischen Union -, glaubt der Wirtschaftsexperte.
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