Für Ausbau und Vertiefung
Der frühere ÖVP-Chef und Vizekanzler Josef Pröll geht wie erwartet zum Raiffeisen-Konzern: Er wird Vorstandschef des Mischkonzerns Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (LLI). Pröll wurde vom Aufsichtsrat für fünf Jahre zum Vorstandssprecher der LLI bestellt, teilte die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien Mittwochnachmittag in einer Aussendung mit.
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Der Agrarökonom übernehme die Funktion bereits am 1. Juli 2011 und werde vom bestehenden Vorstandsteam Kurt Miesenböck und Christian Teufl unterstützt. Pröll war nach einer Lungenembolie Mitte April von allen politischen Funktionen zurückgetreten. Für die ÖVP galt er lange als Hoffnungsträger für die Kanzlerschaft. Der Mischkonzern Leipnik-Lundenburger ist der größte Mühlenkonzern in Europa und hält große Beteiligungen im Nahrungsmittelbereich.
Der Wechsel hatte sich bereits kurz nach der Ankündigung seines politischen Rückzugs abgezeichnet. RZB-Chef Walter Rothensteiner etwa hatte entsprechende Gerüchte nie dementiert und klar gesagt, dass Pröll aufgrund seiner zahlreichen internationalen Kontakte für den Konzern hilfreich sein könnte.
APA/Roland Schlager
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Spitzenfunktion im Raiffeisen-Reich
Der niederösterreichische Agrarökonom Pröll startet damit nach seiner politischen Laufbahn in der ÖVP eine neue Karriere in der Privatwirtschaft und übernimmt dabei gleich eine Spitzenfunktion im Raiffeisen-Reich. Der neue LLI-Vorstand Pröll werde beauftragt, „den Ausbau der bestehenden Geschäftsfelder im Hinblick auf die Vertiefung der Wertschöpfungskette zu forcieren“, teilte die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien am Mittwoch in einer Aussendung mit.
Haupteigentümer der LLI sind die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg.Gen.m.b.H. (50,05 Prozent) sowie die Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (33,06 Prozent). Sitz der Holding ist Wien. Als Aufsichtsratschef der LLI agiert Raiffeisenverband-Generalanwalt Christian Konrad, sein Stellvertreter ist der Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank (RZB), Walter Rothensteiner.
900 Millionen Umsatz
Die LLI erzielte im Geschäftsjahr 2009/10 einen Konzernjahresumsatz von knapp 900 Millionen Euro. Als Beteiligungsholding ist sie in den Segmenten Mehl und Mühle (LLI Euromills GmbH) sowie mit der cafe+co International Holding GmbH tätig. Weiters hält die LLI Beteiligungen an der BayWa, der Agrana Beteiligungs-AG, der Südzucker sowie an den Casinos Austria.
Vom Vizekanzler zum Manager
Pröll, Neffe des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP), hatte seine berufliche Laufbahn als Referent in der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer (1993-1998) begonnen. Nach mehreren Stationen im Bauernbund war Pröll von 2000 bis 2001 Kabinettschef beim damaligen Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (ÖVP). Von dort wechselte er 2001 als Direktor in den Österreichischen Bauernbund. Von 2003 bis 2008 war er Landwirtschafts- und Umweltminister und von 2008 bis April 2011 Finanzminister und Vizekanzler.
BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner reagierte ironisch: Er „gratuliere“ Pröll zu seinem „wirklich gut“ vorbereiteten Wechsel in den Raiffeisen-Konzern. Ebner betonte in einer Aussendung, wohl deshalb habe Pröll als Finanzminister „dem Raiffeisen-Konzern auch die milliardenschwere Bankenhilfe auf Kosten der Steuerzahler zukommen lassen“. Der „ÖVP-Raiffeisen-Konzern“ wiederum versorge „eines seiner treuen Schäfchen“, so Ebner.
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