Comebackversuch mit ruiniertem Image
Nach seinem Freispruch wird der Schweizer Moderator Jörg Kachelmann wieder voll bei dem von ihm gegründeten Wetterdienst Meteomedia einsteigen, gab das Unternehmen am Dienstag in Gais südöstlich von St. Gallen in der Schweiz bekannt. Ob damit aber auch eine Rückkehr ins Fernsehen gemeint ist, blieb offen.
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Laut den Angaben der Firma will Kachelmann vorerst bei einzelnen kleineren Radiostationen in Deutschland und der Schweiz das Wetter präsentieren. Diese - im Vergleich zu früher äußerst bescheidenen - Medienauftritte hatte er bereits während des Strafverfahrens wieder aufgenommen, jedoch mit gemischten Resultaten: Ein Schweizer Sender verzichtete nach Hörerprotesten auf seine Mitarbeit. Auch was ihn nun in seiner eigenen Firma erwartet, bleibt abzuwarten.
Gerüchte über firmeninterne Intrigen
Kachelmann war auch während seines Prozesses Präsident von Meteomedia geblieben. Während TV-Konsumenten ihn als Präsentator launiger Wetterberichte kannten, war es in Wahrheit vor allem diese - mit äußerster Beharrlichkeit ausgebaute - unternehmerische Tätigkeit hinter den Kulissen, die Kachelmanns Kapital darstellt. Gerüchteweise wollten jedoch interne Konkurrenten in der Firma den Prozess dazu nützen, um sich des Unternehmensgründers zu entledigen.
In Medien war von Mails aus der Firma die Rede, in denen Kachelmann denunziert wurde. Zumindest nach außen hin ist nun wieder alles eitel Wonne: Das Unternehmen freue sich „über den längst überfälligen Freispruch“ des Firmengründers, hieß es in einer Stellungnahme. „Jörg Kachelmann wird ab sofort seine Kraft wieder ganz der Meteomedia-Gruppe widmen können.“ Auch seien neben den Radiomoderationen zusätzliche öffentliche Auftritte in Zukunft nicht ausgeschlossen.
ARD auf Distanz
Erwartungsgemäß blieben die meisten von Kachelmanns früheren Geschäftspartnern, vor allem die ARD, auf Distanz: „Solange das Verfahren nicht endgültig abgeschlossen ist und ein Urteil Rechtskraft erlangt hat, sehen wir in dieser Angelegenheit keinen Entscheidungsbedarf“, sagte eine ARD-Sprecherin am Dienstag nach der Bekanntgabe des Mannheimer Urteils. Vor Bekanntwerden der Vergewaltigungsvorwürfe war Kachelmann via ARD der deutsche Wetterpräsentator schlechthin - seither jedoch ist seine TV-Präsenz „ruhend gestellt“.
„Den netten Kachelmann wird es nie wieder geben“
„Den netten Kachelmann von nebenan wird es nie wieder geben“, ist der deutsche Medienpsychologe Jo Groebel überzeugt. Das Image des einstigen Publikumslieblings und Saubermanns habe „enormen Schaden genommen“. Dennoch will Groebel nicht ausschließen, dass Kachelmann ein Comeback auf dem Bildschirm schaffen wird - „vielleicht als Moderator einer Talkshow über persönliche Schicksalsschläge und große Dramen“. Es ist allerdings mehr als fraglich, ob sich Kachelmann eine sozialvoyeuristische Talkshow auf einem der notorisch dafür bekannten Privatsender antun würde.
Trotz des Freispruchs werde das Image des einstigen Wettermoderators nie mehr sein wie vorher, so Groebel: „Es wird immer letzte Zweifel an seiner Unschuld geben. Selbst bei einem eindeutigen Freispruch bleibt immer etwas kleben“, so Groebel. Für den TV-Präsentator Andreas Türck hatte vor sechs Jahren ein Vergewaltigungsprozess, der mit Freispruch endete, das Karriereende bedeutet. Von einem Comebackversuch Kachelmanns geht Groebel dennoch aus: „Er braucht die Öffentlichkeit“, das habe er auch durch sein Auftreten rund um den Prozess gezeigt.
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