„Haben die Geschwindigkeiten verloren“
Falsche Geschwindigkeitsanzeigen haben die Piloten des Todesflugs Rio - Paris vor zwei Jahren in die Irre geführt. Der Absturz der Air-France-Maschine mit 228 Menschen an Bord dauerte dreieinhalb Minuten. Das geht aus dem Zwischenbericht der Unfallermittler hervor, der am Freitag im Internet veröffentlicht wurde.
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Der fast auf den Tag genau zwei Jahre nach der Flugzeugkatastrophe präsentierte Zwischenbericht soll nur die Umstände des Unfalls verdeutlichen. Mit einer Bewertung hält sich die Ermittlungsbehörde vorerst zurück. Der Bericht fasst erste Ergebnisse der Auswertung der Flugschreiber zusammen und dokumentiert erstmals die Gespräche im Cockpit kurz vor der Katastrophe.
Kopilot wollte Turbulenzen ausweichen
Der Bericht bestätigt Informationen, die bereits zuvor in die Medien gelangten. So befand sich der Kapitän kurz vor Beginn der Probleme in der Ruhephase, einer der beiden Kopiloten hatte das Steuer übernommen. Wenig später informierte dieser Kopilot die Flugbegleiter, dass sie durch eine turbulente Zone fliegen würden. „Ich rufe dich zurück, sobald wir wieder draußen sind“, sagte er.
Der Kopilot steuerte die Maschine leicht nach links, um den Turbulenzen auszuweichen. Der Autopilot schaltete sich ab. Der Kopilot bestätigte, dass er nun die Steuerung übernehme. In diesem Moment fingen die Probleme an: Das Flugzeug begann nach rechts abzukippen, und der Kopilot zog es nach links in die Höhe.
„Haben keine gültigen Angaben“
Der Geschwindigkeitsmesser zeigte einen dramatischen Tempoverlust von etwa 509 auf nur noch 111 km/h an. Der Abfall der Geschwindigkeit wurde knapp eine Minute später auch auf einem zweiten Messgerät angezeigt. „Wir haben die Geschwindigkeiten verloren“, meinte einer der Kopiloten.
Der zweite Kopilot versuchte mehrfach, den Flugzeugkapitän ins Cockpit zurückzurufen. Das Flugzeug stieg unterdessen immer weiter nach oben und schwankte stark. Der Kopilot drückte den Steuerknüppel eine halbe Minute lang bis zum linken Anschlag. Als der Pilot im Cockpit war, stellte er fest: „Wir haben keine gültigen Angaben mehr.“
Vorgehen entsprach Regeln
Daraufhin zog der Kopilot das Flugzeug nach unten und wollte dem Flugkapitän die Steuerung überlassen. Die letzten Aufzeichnungen vermerken eine Absturzgeschwindigkeit von etwa 200 km/h. Der Absturz dauerte insgesamt dreieinhalb Minuten.
Die Unfallermittler betonen, dass die Besatzung des Cockpits den Regeln entsprechend gehandelt habe. Tatsächlich sind Ruhepausen für Piloten bei Langstreckenflügen üblich. Der Kapitän sei eineinhalb Minuten nach Abschalten des Autopiloten wieder im Cockpit gewesen.
Vorgehen „wirkungslos“
Der französische Nachrichtensender France Info hatte am Donnerstagabend unter Berufung auf die Ergebnisse der BEA berichtet, die Besatzung habe die abstürzende Maschine mit einem „klassischen“ Verfahren zu retten versucht, das in der Ausbildung gelehrt werde. Dieses Vorgehen sei in dem Fall aber „ungeeignet und wirkungslos“ gewesen. Die Zeitung „Le Figaro“ sprach hingegen von einem Pilotenfehler.
Die Ermittlungsbehörde hatte erklärt, sie wolle „erste Feststellungen“ über die Umstände der Katastrophe veröffentlichen, weil bereits „bruchstückhafte und mehr oder weniger widersprüchliche Informationen“ an die Medien durchgesickert seien. Es handle sich „auf keinen Fall um die Ursachen“ des Absturzes.
Nächster Bericht im Juli
Ein Etappenbericht soll laut BEA bis Ende Juli vorliegen. Der Flugzeughersteller Airbus nannte den Bericht „einen wichtigen Schritt zur Klärung der gesamten Kette von Ereignissen“.
Die beiden Blackboxes waren erst vor wenigen Wochen in knapp 4.000 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund gefunden worden. Bis heute ist nicht geklärt, weshalb der Airbus der Air France am 1. Juni 2009 mit 228 Menschen an Bord ins offene Meer stürzte. Gegen die Fluggesellschaft und den europäischen Flugzeugbauer Airbus ermittelt die französische Justiz wegen fahrlässiger Tötung.
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