Für Merkel „richtiger Zeitraum“
Nach der CSU peilt auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Atomausstieg um das Jahr 2022 herum an. Die CDU-Chefin begrüßte am Wochenende die entsprechende Festlegung der Schwesterpartei. Bei einer CSU-Klausur im oberbayrischen Kloster Andechs sprach sie vom „richtigen Zeitraum“, nannte aber selbst noch keine konkrete Jahreszahl.
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Merkel will erst die Ergebnisse der Ethikkommission abwarten, die Ende Mai vorliegen. Angesichts der anstehenden Entscheidung der Bundesregierung über den Ausstiegszeitpunkt sieht Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) zentrale Fragen ungeklärt. „Es gibt überhaupt noch kein neues Finanzierungskonzept“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Die im Vorjahr von Schwarz-Gelb beschlossene Laufzeitverlängerung für die AKWs um durchschnittlich zwölf Jahre sei genau durchgerechnet gewesen. „Jetzt brauchen wir neue Szenarien - was würde es kosten, wenn wir 2020 abschalten, 2022 oder in 15 Jahren?“, sagte Zeil.
Nur noch vier AKWs produzieren Strom
Unterdessen ging das Atomkraftwerk Emsland in Niedersachsen wegen planmäßiger Wartungsarbeiten vom Netz. Damit liefern für rund eine Woche nur noch vier der 17 deutschen Atommeiler Strom. Wegen des Atommoratoriums stehen bereits acht AKWs still - in fünf weiteren gibt es Wartungsarbeiten. Am Netz sind noch Isar II und Gundremmingen C (Bayern), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Neckarwestheim II (Baden-Württemberg). Gundremmingen B soll um den Donnerstag herum wieder hochgefahren werden.
Sorge vor Blackout zurückgewiesen
Die vier großen deutschen Stromnetzbetreiber warnten unterdessen vor „großflächigen Versorgungsausfällen“ durch den Ausstieg aus der Atomenergie. Während der Sommermonate werde die Situation wohl noch beherrschbar sein, im Winter sei aber vor allem in Süddeutschland eine stabile Stromversorgung nicht mehr gewährleistet. Das teilten die Gesellschaften EnBW Transportnetze AG (Karlsruhe), 50hertz (Berlin), Amprion (Dortmund) und Tennet (Bayreuth) am Sonntag mit.
Der Chef der deutschen Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, hatte zuletzt hingegen Sorgen vor einem Blackout zurückgewiesen. „Die Lage ist kritisch, aber dennoch beherrschbar“, sagte Kurth am Wochenende der „Passauer Neuen Presse“.
SPD sieht Netzbetreiber in der Pflicht
Der stellvertretende Fraktionschef der SPD-Fraktion, Ulrich Kelber, sagte der dpa: „Wir haben keinen Kapazitätsengpass.“ Man müsse aber darauf achten, dass in den jeweiligen Netzen genügend Strom sei. Das sei Aufgabe der Netzbetreiber. „Sie sagen, es ist beherrschbar.“ Spekulationen über einen drohenden Blackout bezeichnete er als „hochgradig unseriös“.
Der Fraktionschef der deutschen Grünen, Jürgen Trittin, sagte der dpa: „Es wird nach unserer Auffassung keine Probleme geben.“ Nach Einschätzung des energiepolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Klaus Breil, könnte es aber zu Engpässen kommen. „Die Lage ist sehr angespannt“, sagte er. „Wenn die Wetterlage nicht mitspielt und wenn der Bedarf besonders hoch ist, kann es sein, dass es knapp wird.“ Er sei aber „verhalten optimistisch“, dass die Lage beherrschbar bleibe.
Druck auf früheren Ausstieg
Unterdessen diskutieren Politik und Wirtschaft über den passenden Zeitpunkt für einen Atomausstieg. Am Freitagabend hatte die CSU als erste der drei Berliner Koalitionsparteien ein konkretes Datum gesetzt - das Jahr 2022. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Koalition Konzeptlosigkeit beim Atomausstieg vor. Die SPD halte ein Abschalten aller Kernkraftwerke zwischen 2015 und 2020 für möglich. Linke-Chefin Gesine Lötzsch forderte einen Atomausstieg bis 2014.
Die Grünen warfen Merkel vor, in der Ausstiegsdebatte „einen Schritt vor anzudeuten und drei zurückzumarschieren“. Trittin sagte: „Ein Atomausstieg 2022 möglichst mit Revisionsklauseln ist nichts weiter als das Bemühen, sich doch noch eine Hintertür offen zu halten.“ Ein konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien lasse technisch und rechtlich einen Ausstieg bis spätestens 2017 zu. Er erwarte, dass Merkel beim nächsten Treffen der Partei- und Fraktionschefs am 30. Mai ein verhandlungsfähiges Angebot vorlege, das ein festes Ausstiegsdatum vorsehe, sagte Trittin.
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