Obamas „längste 40 Minuten“
US-Präsident Barack Obama hat die Tötung des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden sowie den Fund von Dokumenten in dessen Versteck als Chance bezeichnet, dem Terrornetzwerk einen „vernichtenden Schlag“ zu versetzen. „Das bedeutet nicht, dass wir den Terrorismus besiegen werden“, sagte Obama in der Sendung „60 minutes“ auf CBS am Sonntagabend.
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Al-Kaida habe auch in anderen Teilen der Welt „Metastasen“ gebildet, die angegriffen werden müssten. „Doch es bedeutet, dass wir eine Chance haben, so glaube ich, dieser Organisation einen wirklich vernichtenden Schlag zu versetzen, wenn wir in den nächsten Monaten aggressiv fortfahren“, sagte Obama in „60 minutes“.
Zum ersten Mal sprach Obama auch öffentlich über das, was er empfand, als er den Angriff auf das Bin-Laden-Versteck per Bildschirm im Weißen Haus verfolgte. Dort sei es sehr still und angespannt gewesen. „Es waren die längsten 40 Minuten meines Lebens“, gab Obama zu. Nur als seine kleine Tochter Sasha im Alter von drei Monaten Meningitis hatte, sei er ähnlich angespannt gewesen. Seine erste Sorge habe den Einsatzkräften der Navy SEALs gegolten und der Frage: „Wenn ich sie reinschicke, wie kann ich sie auch wieder herausholen?“
Keine Bedenken wegen Bin-Laden-Tötung
Die Erleichterung sei sehr groß gewesen, als die Einsatzkräfte aus dem Gebäude herauskamen und verkündeten: „Geronimo (so der Deckname Bin Ladens) ist getötet worden.“ Obama sagte, nur die wenigsten Mitarbeiter des Weißen Hauses hätten von den Plänen gewusst - auch nicht seine Familie. Die Chance, den Einsatz erfolgreich zu beenden, sei 55 zu 45 gestanden. Es sei nicht sicher gewesen, dass sich Bin Laden zu dem Zeitpunkt in dem Haus aufhielt.
„Es war es wert, das politische Risiko zu tragen und das Risiko für unsere Männer“, sagte Obama. Mit dem Vorwurf, dass bei der Aktion Menschen getötet worden seien, komme er klar. „So nervös ich während des ganzen Prozesses war: Die Tatsache, die mir am wenigsten den Schlaf geraubt hat, war die, dass wir Bin Laden ausgeschaltet haben.“
Druck auf Pakistan steigt
Obama verstärkte unterdessen den Druck auf Pakistan. Er forderte die Regierung in Islamabad auf, die Helfer des Topterroristen zu ermitteln. „Wir glauben, dass es ein Unterstützernetzwerk für Bin Laden in Pakistan gegeben hat“, so Obama in seinem ersten langen Fernsehinterview seit dem Einsatz gegen Bin Laden auf dessen Anwesen in der pakistanischen Stadt Abbottabad.
Unklar sei, ob Bin Ladens Helfer aus dem Kreis der Regierung stammten. „Das ist etwas, das wir untersuchen müssen, und noch wichtiger: das die pakistanische Regierung untersuchen muss.“ Islamabad habe signalisiert, an der Aufklärung ein starkes Interesse zu haben. Das sei jedoch keine Frage von drei oder vier Tagen. „Es wird uns einige Zeit kosten, die Geheiminformationen auszuwerten, die wir an Ort und Stelle sammeln konnten“, sagte Obama.
Rücktrittsforderung gegen Pakistans Regierung
Am Montag will sich Pakistans Premier Yousuf Raza Gilani im Parlament in Islamabad zu dem US-Einsatz gegen Bin Laden äußern. Seine Regierung ist wegen des eigenmächtigen Vorgehens der USA auf pakistanischem Territorium unter innenpolitischen Druck geraten. Gilani wird vorgeworfen, die Souveränität seines Landes nicht geschützt zu haben. Selbst aus der eigenen Volkspartei PPP gibt es Rücktrittsforderungen an ihn und Präsident Asif Ali Zardari.
Obama lobte in dem Interview die bisherige Zusammenarbeit mit den pakistanischen Behörden. „Wir haben nirgendwo so viele Terroristen getötet wie auf pakistanischem Boden, und das wäre ohne pakistanische Hilfe nicht möglich gewesen“, sagte er. Anhand des gefundenen Materials gehe er davon aus, dass die USA die Taliban im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet besiegen könnten.
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