ÖGB: „Ende eines traurigen Kapitels“
Die Austria Tabak schließt in Hainburg die letzte Zigarettenproduktion in Österreich. Die 240 Mitarbeiter in Hainburg sowie 80 Mitarbeiter in der Zentrale in Wien, die die Produktion unterstützt haben, verlieren ihren Job, sagte Unternehmenssprecher Walter Sattlberger am Donnerstag.
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Über einen Sozialplan werde gerade verhandelt. Die Produktion soll in ein anderes EU-Land verlegt werden. Die japanische Austria-Tabak-Mutter JTI bleibe aber mit rund 500 Arbeitsplätzen in Österreich aktiv. Davon sind rund 250 beim Großhandelsunternehmen Tobaccoland, an die 50 bei der Forschungseinrichtung Ökolab und die restlichen etwa 200 für JTI zur Bearbeitung des heimischen Marktes aktiv.
Im Herbst 2007 - nach der Übernahme des Gallagher-Konzerns, zu dem Austria Tabak gehörte, an JTI - war die zweite damals noch bestehende Produktion mit rund 300 Mitarbeitern in Linz geschlossen worden. Damals versicherte Austria-Tabak-Geschäftsführer Stefan Fitz noch, damit sei der Produktionsstandort Österreich gesichert.

APA/Harald Schneider
Die Zigarettenfabrik in Hainburg
„Nur für PR-Gag Grassers“
Die Austria Tabak hatte vor der vollständigen Privatisierung dem Staat alljährlich satte Gewinne abgeliefert. 2001 waren unter der schwarz-blauen Koalition vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser die in Staatsbesitz verbliebenen 41 Prozent jedoch an die britische Gallagher-Gruppe um rund 770 Millionen Euro verkauft worden. Der Verkauf war vor allem von SPÖ und ÖGB massiv kritisiert worden. Kritiker sprachen damals von einem „leichtfertigen Verschleudern“, der Gefährdung Hunderter Arbeitsplätze und einem „Dumpingpreis“.
Der ÖGB sprach am Donnerstag vom „Abschluss eines traurigen Kapitels einer verantwortungslosen Privatisierungspolitik, die sich gegen die Menschen im Lande richtet“. Die Chefs der Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp, Rainer Wimmer und Wolfgang Katzian, betonten, die vollständige Privatisierung unter der schwarz-blauen Regierung sei „ohne Not aus rein ideologischen Gründen“ erfolgt, um Grasser den „PR-Gag“ Nulldefizit zu sichern. Nun würden die Beschäftigten die „Zeche dafür zahlen“.
In ihrer Aussendung verwiesen die Gewerkschafter zudem darauf, dass JTI in den letzten Jahren „regelmäßig Rekordgewinne“ gemacht habe. Auch Niederösterreichs Landespolitik verurteilte die Schließung einhellig - mehr dazu in noe.ORF.at.
Tabaksteuer und Schmuggel als Gründe
JTI begründete die Schließung von Hainburg und den Abbau von 320 Arbeitsplätzen mit „dramatisch geänderten Umfeldfaktoren“. Auf den EU-Märkten sei der Zigarettenkonsum zurückgegangen und die Tabaksteuern erhöht worden. Dazu sei der steigende Schmuggel gefälschter Zigaretten gekommen. JTI nannte in seiner Aussendung auch die Regierung und die diesjährige Tabaksteuererhöhung als Gründe für die Schließung. Zuletzt sicherte JTI den betroffenen Mitarbeitern eine „faire und angemessene Behandlung“ zu und kündigte Verhandlungen mit dem Betriebsrat an.
Memphis auf dem Rückzug
Vor gut zehn Jahren war etwa jede dritte gerauchte Zigarette in Österreich eine der Sorte Memphis. 2010 kam die Austria Tabak mit Memphis nur noch auf einen Anteil von 14,2 Prozent.
Verlust an Marktanteilen
2007 wurden in dem Werk in Hainburg noch 15 bis 20 Milliarden Stück Zigaretten produziert, 2010 waren es nur noch zehn Milliarden Stück. Die Zahl der Raucher sei zurückgegangen, der Schmuggel, die Produktionskosten und Lohnnebenkosten gestiegen, so Sattlberger. Die ehemaligen Produktionsstätten in Schwaz, Fürstenfeld und Linz sind längst geschlossen. Schon damals seien Hunderte Arbeitsplätze verloren gegangen, so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer.
Die Austria Tabak hat zuletzt kontinuierlich an Marktanteilen verloren, ehemalige Zugpferde wie die Marken Memphis und Meine Sorte mussten ordentlich Federn lassen. 2010 stießt der US-Tabakkonzern Philip Morris den ehemaligen Monopolisten endgültig vom Thron: Während Philip Morris in Österreich auf einen Marktanteil von 35,5 Prozent kam, musste sich Austria Tabak mit 34,5 Prozent geschlagen geben.
In der Fabrik in Hainburg ging etwa 40 Prozent der Produktion auf den österreichischen Markt, der Rest in andere europäische Länder. JTI ließ nicht nur heimische Marken wie Memphis, Meine Sorte und Smart in Hainburg produzieren, sondern auch internationale wie Benson & Hedges. Mit dem Aus von Austria Tabak verliert der Ort nun seinen Motor - mehr dazu in noe.ORF.at.
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