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„Hoffen, gutes Material zu finden“

Nach der Tötung des US-Staatsfeindes Nummer eins, Osama bin Laden, steht jetzt die künftige Struktur der Terrororganisation Al-Kaida im Fokus der US-Geheimdienste. Neue Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler aus den bei der Kommandoaktion sichergestellten Computerdateien. Wie nun bekanntwurde, soll es sich um einen Tausende Dateien umfassenden Datenschatz handeln.

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Laut dem obersten Anti-Terror-Berater von US-Präsident Barack Obama, John Brennan, wird das Material bereits von Fachleuten untersucht. Geleitet werden die Ermittlungen laut Angaben des US-Senders CBS von der CIA. Der US-Auslandsgeheimdienst richtete bereits eine eigene Task-Force ein. Hunderte Experten sind laut einem US-Regierungsvertreter mit der Auswertung der Daten beschäftigt, die von Geheimdienstlern in Washington bereits als „Goldgrube“ bezeichnet wurden.

Berater für Terrorismusbekämpfung von US-Präsident Barack Obama, John Brennan

AP/Carolyn Kaster

John Brennan: „Wir versuchen jetzt zu verstehen, in welche Aktivitäten Osama bin Laden in den vergangenen Jahren verstrickt war.“

Insgesamt wurden laut CNN zehn Festplatten, fünf Computer und Hunderte weitere Speichermedien wie DVDs und USB-Sticks sowie zahlreiche andere Dokumente bei der knapp 40-minütigen Kommandoaktion in Pakistan sichergestellt. Nun hoffe man darauf, „gutes Material“ zu finden, sagte ein Ermittler.

Bin Ladens Testament gefunden?

Von dem Material werden nicht zuletzt Antworten auf die Frage erwartet, wie Bin Laden die vergangenen fünf, sechs Jahre unbehelligt in Pakistan leben konnte. Zudem erhoffen sich die Ermittler einen neuen Blick auf die Struktur und Organisation des Terrornetzwerks Al-Kaida. Laut der kuwaitischen Tageszeitung „Al-Naba“ soll sich unter den Daten auch Bin Ladens Testament befinden.

In dem auf einem Computer verfassten vierseitigen Schreiben soll Bin Laden unter anderem prophezeien, dass er durch Verrat aus den eigenen Reihen getötet werde. Zudem fordert er seine Kinder auf, sich nicht Al-Kaida anzuschließen. Außerdem dürfen seine Frauen nicht wieder heiraten. Das Testament sei bereits 2001, drei Monate nach den Anschlägen vom 11. September, aufgesetzt worden und mit „Euer Bruder Abu Abdullah Osama Mohammed bin Laden“ unterzeichnet.

CIA: Nachfolger wird neuer Staatsfeind Nummer eins

Außer Frage steht für die US-Behörden jedenfalls, dass die Tötung Bin Ladens nicht mit dem Ende des Kampfes gegen den Terror gleichzusetzen ist. Vielmehr werde der Nachfolger von Bin Laden an der Spitze von Al-Kaida nach den Worten von CIA-Chef Leon Panetta auch der neue Staatsfeind Nummer eins der USA sein.

„Ich kann Ihnen versichern, dass, wer auch immer seinen Platz einnimmt, auf unserer Liste die Nummer eins sein wird“, sagte Panetta am Dienstag (Ortszeit) dem Fernsehsender CBS. Laut Panetta rückte in diesem Zusammenhang etwa der bisherige Stellvertreter Bin Ladens, Aiman al-Sawahiri, in der Liste der Staatsfeinde „sehr schnell nach oben“. Die noch ungeklärte Nachfolge gebe den USA nun aber Zeit, das Terrornetzwerk „im Durcheinander und in der Debatte“ über seine neue Führung weiter anzugreifen.

Gebiet um Bin-Laden-Versteck abgesperrt

Im pakistanischen Abbottabad verschärfte die Polizei am Mittwoch die Sicherheitsvorkehrungen um das Anwesen, in dem Bin Laden aufgespürt und getötet worden war. Nachdem am Vortag Hunderte Menschen zu dem Gelände geströmt waren, sperrte die Polizei das Gebiet Mittwochfrüh für die Öffentlichkeit und für Medienvertreter weitläufig ab.

Ein örtlicher Polizeivertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, mehr als 300 Polizisten seien in Abbottabad nahe dem Anwesen „aus Sicherheitsgründen“ stationiert. Auch mehrere Militärs hielten Wache. Wie ein AFP-Reporter beobachtete, wurden Anrainer auf dem Weg zu ihren Häusern in Abbottabad kontrolliert und durchsucht.

Bin Laden war in der Nacht auf Montag von US-Spezialkräften in seinem Versteck in der Stadt getötet worden. US-Vizepräsident Joseph Biden zufolge waren 16 Kongressabgeordnete in das Wissen über den Aufenthaltsort Bin Ladens eingeweiht. Dennoch habe es nicht ein einziges Leck gegeben, sagte er vor Vertretern der Denkfabrik Atlantic Council. „Es gab den so überwältigenden Wunsch, die Mission zu vollenden.“

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