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Hunderttausende bei Feier dabei

Papst Johannes Paul II. ist seliggesprochen. Sechs Jahre nach dem Tod des Polen hob ihn Benedikt XVI. am Sonntag auf diese Vorstufe zur Heiligkeit. Hunderttausende Pilger und Gläubige auf dem Petersplatz und der Umgebung des Vatikans jubelten.

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Unter nur leicht bewölktem Himmel hatten sich 87 hochrangige Delegationen aus aller Welt für die Seligsprechung eingefunden, darunter 16 Staatspräsidenten sowie Vertreter von fünf Königshäusern. Nach dem Verlesen einer ausführlichen Biografie Johannes Pauls II. sprach Papst Benedikt die Seligsprechungsformel. „Der Diener Gottes Johannes Paul II., Papst, darf ab sofort Seliger genannt werden“, sagte Benedikt XVI. in der feierlichen Proklamationsformel. Er könne nun als Seliger angerufen und jedes Jahr gemäß den Vorschriften am 22. Oktober gefeiert werden. Nach dem Ende der Formel wurde ein riesiges Bild des neuen Seligen mit einem Strahlenkranz hinter dem Kopf über dem Hauptportal des Petersdoms enthüllt.

Die Nonne Marie Simon-Pierre Normand trägt die Blutampulle von Johannes Paul II.

Reuters/Stefano Rellandini

Nonne Marie Simon-Pierre trägt die Blutreliquie des neuen Seligen

Das Seligsprechungsverfahren war in Rekordzeit abgewickelt worden. Viele hatten bei der Beerdigung am 8. April 2005 bereits laut gefordert, Johannes Paul direkt heiligzusprechen, was Benedikt nicht wollte. Joseph Ratzinger nahm selbst die Seligsprechung des früheren Mentors vor. Damit schrieb erstmals ein Papst seinen direkten Vorgänger in das Buch der Seligen ein.

Neues Grab im Petersdom

Als Seliger erhält Johannes Paul II. auch ein neues Grab im Petersdom. Der Sarg wurde in die Sankt-Sebastian-Kapelle im zweiten Kirchenschiff auf der rechten Seite der Basilika umgebettet. Dafür musste der Sarg von Innozenz XI. (1676 bis 1689) weichen.

Blutreliquie ausgestellt

Unmittelbar nach der Proklamation wurde die Reliquie des nunmehr seligen Johannes Paul II. - eine Ampulle Blut, das ihm wenige Tage vor seinem Tod abgenommen worden war - in der Öffentlichkeit ausgestellt. Auch der Sarg des Papstes wurde für die Seligsprechung auf den Petersplatz gebracht. Anschließend an die Seligsprechungszeremonie fand eine Messe statt.

Mit tosendem Applaus begrüßten die mehreren Hunderttausend Teilnehmer auf dem Petersplatz die Seligsprechung des polnischen Papstes. Viele Gläubigen brachen in Tränen aus. Viele Menschen hatten kniend auf dem Steinpflaster die Seligsprechungszeremonie verfolgt. Polnische Pilger schwenkten Fahnen ihrer Heimat und Plakate mit den Bildern von Johannes Paul II.

Wieder „Santo subito“-Rufe

Auf dem Petersplatz befand sich auch die französische Ordensfrau Marie Simon-Pierre Normand. Ihre Heilung von der Parkinson-Krankheit war vom Vatikan als „Wunder“ auf Fürsprache von Johannes Paul II. anerkannt worden. Nach der Seligsprechung lächelte die Ordensschwester und applaudierte mit der begeisterten Menschenmenge. Wie bei der Trauermesse für Johannes Paul II. am 8. April 2005 ertönten Chöre mit dem Appell: „Santo subito“ (Sofort heilig). „Wir hoffen, dass wir bald nach Rom für eine unvergessliche Heiligsprechung zurückkehren können“, sagte eine junge polnische Pilgerin.

Zur Zeremonie trug Benedikt XVI. Paramente seines Vorgängers. Sowohl das Messgewand wie auch die Mitra waren häufig von Johannes Paul II. bei liturgischen Feiern benutzt worden. Außerdem feierte er die Messe mit dem Kelch des neuen Seligen. Der bewegte Krakauer Erzbischof und langjähriger Privatsekretär von Karol Wojtyla, Stanislaw Dziwisz, konzelebrierte die Messe. Bei der Messe teilten 800 Geistliche die Kommunion an die Gläubigen.

Großer Andrang schon in der Früh

Bereits Stunden vor der Seligsprechung hatten sich Hunderttausende Pilger auf dem Petersplatz gedrängt. Schon ab 5.30 Uhr wurde der Petersplatz für die Gläubigen geöffnet. Hunderte Menschen verbrachten die Nacht in Schlafsäcken auf der großen Zugangsstraße zum Vatikan, der Via della Conciliazione, oder unweit der Engelsburg. Am Samstagabend hatten etwa 200.000 Menschen an einer Gebetswache auf dem Circus Maximus teilgenommen. Benedikt XVI. erteilte ihnen per Livezuschaltung seinen Segen.

Für die Seligsprechung reiste aus Österreich unter anderen der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn zur Seligsprechung, die politische Abordnung wird vom Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer (ÖVP) angeführt. 16 Staatsoberhäupter, sechs Regierungschefs und zahlreiche Minister werden zur Seligsprechungsmesse erwartet, darunter der in der EU mit einem Einreiseverbot belegte simbabwische Präsident Robert Mugabe.

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