Freudentag für Katholiken
Wie kaum ein anderer Papst vor ihm hat Papst Johannes Paul II. die Menschen in seinen Bann gezogen. Schon unmittelbar nach seinem Tod 2005 forderten seine Anhänger die Heiligsprechung. Doch erst die Anerkennung eines Wunders ermöglicht am 1. Mai in Rom die Aufnahme des verstorbenen Papstes in die Schar der Seligen und Heiligen.
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Seit Tagen sind Zimmer in Rom nur noch zu Höchstpreisen zu bekommen, auf den Straßen drängen sich bereits Tausende Pilgern aus aller Welt, die sich zur Seligsprechung von Johannes Paul II. in Rom eingefunden haben. Die Souvenirstände rund um den Petersplatz quellen fast über vor Devotionalien mit dem Konterfei des 2005 verstorbenen Papstes, riesige Videoleinwände werden die Feier in der ganzen Stadt übertragen - Video dazu in iptv.ORF.at.
Nur ein Bruchteil der angereisten Katholiken wird jedoch direkt auf dem Petersplatz der Zeremonie beiwohnen können. Und sie gehören auch zu den Glücklichen, die wohl einen Blick auf das begehrteste Objekt in Rom erhaschen können: die Ampulle mit dem Blut von Johannes Pauls II.
Reliquie
Der Begriff „Reliquie“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „zurücklassen“. Mit der Verehrung von Reliquien führt die katholische Kirche einen aus der Antike stammenden Totenkult fort. Es wurde üblich, körperliche Überbleibsel von Seligen und Heiligen zu bewahren und zu verehren.
Papst-Blut als Reliquie
Es soll einer der Höhepunkte während der Seligsprechung werden: In einem wertvollen Schrein will der Vatikan den Gläubigen am Sonntag eine Ampulle mit Blut des 2005 Verstorbenen präsentieren. Es wird die erste offizielle Reliquie des dann seligen Polen werden - für strenggläubige Katholiken eine besondere Kostbarkeit.
Das Blut war „in den letzten Tagen des Lebens des Papstes“ entnommen worden. Es war für eine eventuelle Transfusion im Krankenhaus Bambino Gesu aufbewahrt worden, zu der es aber nicht mehr kam. Das Blut wurde auf mehrere Ampullen aufgeteilt. Zwei davon behielt der einstige Privatsekretär des Papstes und heutige Erzbischof von Krakau, Stanislaw Dziwisz. Zwei weitere Ampullen bewahrten Nonnen in dem von ihnen geleiteten Krankenhaus Bambino Gesu auf.

APA/EPA/Alessandro Bianchi
Karol Wojtyla saß von 1978 bis zu seinem Tod 2005 auf dem Heiligen Stuhl in Rom.
Die Reliquie wird bei der Zeremonie am Sonntag von der polnischen Nonne Tobiana Sobodka und der französischen Nonne Marie Simon-Pierre Normand getragen. Sobodka arbeitete in der Privatwohnung des Papstes. Simon-Pierre ist jene Nonne, die durch die Fürsprache des Verstorbenen von Parkinson geheilt worden sein soll. Dieses Wunder war eine Voraussetzung für die Seligsprechung.
Tausende Pilger aus Asien
Das Seligsprechungsfieber hat neben Europa auch Asien erfasst. Hunderte Charterflüge mit katholischen Pilgern aus Südkorea, den Philippinen und Indien werden bis Sonntag in Rom erwartet. „Der Ansturm hat eine globale Dimension erlangt. Hatten am Begräbnis von Johannes Paul II. mehrheitlich europäische Pilger teilgenommen, so gibt es jetzt keine Grenzen mehr,“ sagte der Theologe Luigi de Giovannis.
Polizei warnt vor Betrügern
Für die fliegenden Händler und Souvenirverkäufer ist das Ereignis natürlich ein gefundenes Fressen. Bereits jetzt werden Ampullen mit Kunstblut angeboten, die der Reliquie nachempfunden sind. Außerdem wird in den Geschäften auf der Borgo Pio, der Straße, die direkt zu den Toren des Vatikans führt, ein beispielloses Sortiment an religiösen Statuen, Ikonen, Mitbringseln, Kerzen mit dem Konterfei von Johannes Paul II. und Postkarten verkauft.
Doch die Menschenmassen locken auch Betrüger an. So werden seit Tagen Eintrittskarten für den Petersplatz zu horrenden Preisen an Pilger verkauft. Die Gemeinde Rom versucht die Gläubigen aufzuklären, dass für den Petersplatz keine Karten notwendig sind. Das Pilgerwerk hat im Vorfeld versucht, mit Vertretern des Hotelgewerbes abzusprechen, dass es keine überhöhten Preise geben soll. Mit wenig Erfolg: Zimmer, die normalerweise 100 Euro kosten, sind kaum unter 300 Euro zu haben.
Tausende Freiwillige im Einsatz
87 ausländische Delegationen, Vertreter von fünf Königshäusern, 16 Präsidenten und sechs Regierungschefs aus aller Welt werden an der Seligsprechung teilnehmen. Erwartet wird auch der simbabwesische Präsident Robert Mugabe, der das von der EU gegen ihn verhängte Reiseverbot ignoriert. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden drastisch erhöht. So wird am Sonntag der Luftraum über Rom von 5.00 bis 16.00 Uhr gesperrt, der Flughafen Ciampino kann von 13.00 bis 17.00 Uhr nicht angeflogen werden.

AP/Gregorio Borgia
Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft.
Für Informationen hat die Stadt Rom auch eine eigene Website(www.beatusjp2.comune.roma.it) eingerichtet. 6.000 Freiwillige wurden abbestellt, um Pilger zu informieren. Um den Transport der Pilger zu gewährleisten, fahren U-Bahnen und Busse am Wochenende außerplanmäßig bis 2.00 Uhr und nehmen den Verkehr nach einer zweistündigen Pause um 4.00 Uhr wieder auf. Zur Erfrischung sollen rund eine Million Wasserflaschen verteilt werden.
Seligsprechung füllt die Vatikan-Kassen
Für die vatikanischen Finanzen, die drei Jahre in Folge ein Budgetdefizit verzeichneten und von einem starken Rückgang der Kircheneinkünfte geplagt sind, ist der bevorstehende Gläubigeransturm ein Segen. Allein der Verkauf von Souvenirs soll einige Millionen Euro in die Kassen spülen. Anlässlich der Seligsprechung hat die vatikanische Post eine Sonderbriefmarke zu Ehren des 2005 verstorbenen Papstes auf den Markt gebracht.
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