Auf YouTube zu sehen
Nachdem in der vergangenen Woche neue Dokumente zum Prozess gegen den NS-Verbrecher Adolf Eichmann veröffentlicht wurden, werden seit Montag erstmals Videoausschnitte vom Prozess im Internet gezeigt. Über 200 Stunden Mitschnitte aus dem Prozess, dessen Beginn sich am Montag zum 50. Mal jährt, sind darin zu sehen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In einem eigenen YouTube-Kanal wurden die Ausschnitte anlässlich des Jahrestags von der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem zusammen mit dem israelischen Staatsarchiv veröffentlicht. Auch zahlreiche Videos von Zeugenaussagen wurden veröffentlicht, wie die Gedenkstätte laut Kathpress mitteilte.
Prozess gab Opfern eine Stimme
Der Eichmann-Prozess in Jerusalem hat die Sichtweise auf den Holocaust dramatisch verändert. Er gab den Opfern eine Stimme und ein Gesicht. „Es war plötzlich keine Schande mehr, über den Holocaust zu sprechen, weil es nun diese öffentliche Debatte gab“, sagte Menachem Ben-Sasson, Präsident der Hebräischen Universität in Jerusalem.
„Der Prozess hat den Opfern eine Stimme gegeben und das absolut Böse des Nazi-Regimes in Verbindung mit den Juden demonstriert“, sagte auch der Direktor des Jerusalemer Wiesental-Zentrums, Efraim Zuroff. „Vor dem Prozess 1961 war die Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern mehr oder minder zum Stillstand gekommen.“

dapd
Etwa 110 Zeugen berichteten im Prozess von ihren traumatischen Erlebnissen.
Holocaust organisiert
Eichmann war seit der Wannsee-Konferenz 1942 mit der „Endlösung der Judenfrage“ betraut gewesen und organisierte von seinem Schreibtisch aus den Holocaust. Der damalige SS-Obersturmbannführer und Referatsleiter im Reichssicherheitshauptamt war mitverantwortlich für die Ermordung von rund sechs Millionen Juden. Während des NS-Regimes organisierte er die Deportation von Millionen Menschen in Vernichtungslager.
Nach Argentinien geflüchtet
Nach dem Krieg floh Eichmann und lebte jahrelang in Argentinien. Im Mai 1960 spürten Israelis den unscheinbar wirkenden Bürokraten dort auf, und der Geheimdienst Mossad entführte ihn in einer Kommandoaktion. Eine wesentliche Rolle bei der Suche und Ergreifung von Eichmann spielte damals Simon Wiesenthal, der in der Folge sein Dokumentationszentrum in Wien gründete.
Im Eichmann-Prozess, der am 11. April 1961 vor dem Jerusalemer Bezirksgericht begann, warf die Anklage ihm unter anderem Verbrechen gegen das jüdische Volk, Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen vor. Am 11. Dezember 1961 wurde das Todesurteil gegen ihn verkündet, am 31. Mai 1962 wurde er gehängt.
„Musste getötet werden“
Er war die erste und letzte Person in der israelischen Geschichte, an der die Todesstrafe vollzogen wurde. „Er musste getötet werden“, sagte Ben-Sasson 50 Jahre später. „Der Holocaust ist ein einzigartiges Ereignis, das eine einzigartige Strafe verlangt“, meint er. „Wenn wir mehr Nazis gefangen hätten, hätten wir es wieder getan.“
Netanjahu: Prozess war Wendepunkt
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete den Prozess als „Wendepunkt“. Vor dem Jahrestag der Prozesseröffnung am Montag sagte der Regierungschef in Jerusalem: „Der Staat Israel und das jüdische Volk begannen, Recht über ihre Verfolger zu sprechen, und sagten: Genug! Nie wieder!“
„Leider sind unsere Feinde und jene, die jüdisches Leben zerstören wollen, nicht von dieser Welt verschwunden“, sagte Netanjahu am Sonntag nach Angaben seines Büros. „Aber der Staat Israel existiert, und er weiß, wie er sich vor bösen Absichten schützen kann.“
Links: