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Bis kurz vor dem Tod auf der Bühne

Sie hat den zeitgenössischen Tanz erneuert, war über Jahrzehnte Deutschlands erfolgreichster Kulturexport und hat Kulturpreise selbst noch nach ihrem Tod erhalten: Vor nicht ganz zwei Jahren, am 30. Juni 2010, starb die Tänzerin und Choreographin Pina Bausch in Wuppertal. Nur wenige Tage zuvor hatten Ärzte bei der 68-Jährigen eine schwere Krebserkrankung festgestellt.

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Unter der Leitung Bauschs wurde das Wuppertaler Tanztheater, wo sie seit 1973 als Chefchoreographin wirkte, weltberühmt. „Körper und Bewegung sind die beste Möglichkeit, um auszudrücken, was mich und uns alle bewegt“, sagte Bausch einmal. „Es ist keine Kunst und kein Können, sondern Leben.“

Pina Bausch mit Wim Wenders

AP/Michael Probst

Regisseur Wim Wenders mit Pina Bausch, 2008

Bausch galt mit ihrem Ensemble seit Jahrzehnten international als eine der wichtigsten Vertreterinnen des deutschen Balletts. Am 27. Juli 1940 im nordrhein-westfälischen Solingen als Tochter eines Gastwirtes geboren, studierte sie bereits mit 14 Jahren bei Kurt Jooss an der Essener Folkwangschule. Nach ihrem Abschluss wechselte sie an die berühmte Juilliard School in New York. 1962 kehrte Bausch nach Deutschland zurück, wo sie zunächst in dem von Jooss neu gegründeten Folkwang-Ballett tanzte.

Mit Kyoto-Preis ausgezeichnet

Nur sechs Jahre später machte sie mit eigenen Choreographien auf sich aufmerksam. Als Direktorin des neu gegründeten Tanztheaters Wuppertal, das fortan ihren Namen trug, schuf sie seit den 1970er Jahren rund 40 abendfüllende Werke und wurde mit internationalen Auszeichnungen und Preisen überhäuft. 2007 erhielt sie für ihr Lebenswerk in Tokio als erste Frau den Kyoto-Preis sowie den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig. 1982 übernahm sie eine Rolle in Federico Fellinis Film „E la nave va“. Einen eigenen Kinofilm brachte sie mit „Die Klage der Kaiserin“ 1990 heraus.

Das Wuppertaler Tanztheater

Pina Bausch und ihr Wuppertaler Tanztheater gehörten zu den international begehrtesten deutschen Kulturexporten. Tourneen brachten das seit 1973 von Bausch als Direktorin geleitete Ensemble auf alle Kontinente. Koproduktionen entstanden etwa mit der Expo in Lissabon, in Städten wie Hongkong, Los Angeles und Palermo. In über 40 Ländern gab es zusammen mehr als 300 Gastspiele neben den jährlich rund 30 Aufführungen in Wuppertal.

Die ersten eigenen Choreographien Bauschs waren noch stark dem Modern Dance verpflichtet. Ab Mitte der 1970er Jahre änderte sie aber nach und nach ihren Stil und integrierte immer mehr Gesang, Sprache, Alltagsgesten und Pantomime in ihre Werke. Ihre Stücke handeln von persönlichen und gleichzeitig universellen Themen wie Angst, Tod, Liebe und Sehnsucht. Was die Menschen bewegt, das interessiere sie viel mehr, als wie sie sich bewegten, sagte Bausch einmal.

Provozierte Aufregung mit Bartok-Oper

In Wuppertal erregte sie zuerst mit ihren Tanzversionen von Gluck-Opern und Strawinskys „Le sacre du printemps“ Aufsehen. Ihre radikale tänzerische Umsetzung der Bartok-Oper „Herzog Blaubarts Burg“ (1977) wurde von einem wütenden Publikum seinerzeit mit Türenknallen quittiert. Choreographie, Kostüme und Musik der Bausch-Produktionen brachen radikal mit gängigen Vorstellungen. Getanzt wurde bei ihr mitunter in knöcheltiefem Wasser, auf Torf und zwischen Plastiknelken.

In der Öffentlichkeit nahm Bausch selten Stellung zu ihren Produktionen. Sie blieb bei Premierenfeiern lieber kettenrauchend im Hintergrund. Bei der Verleihung des Kyoto-Preises las sie von einem Zettel ihre Dankesworte ab, „weil ich doch so nervös bin, wenn ich frei sprechen muss“.

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