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Der erste Mensch im Weltraum

„Der erste Mensch im Weltraum!“: Mit diesen Worten hat die kommunistische Presse der damaligen Sowjetunion ein Ereignis verkündet, das damals die ganze Welt bewegte. Am 12. April jährt sich nun der historische Flug des Kosmonauten Juri Gagarin zum 50. Mal.

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Anlässlich des Jubiläums blickte die Presse voller Nostalgie auf Triumphe der russischen bzw. sowjetischen Raumfahrt während des Kalten Krieges zurück: etwa den „Sputnik“-Schock für den Westen, als die Sowjetunion 1957 als erste Nation einen künstlichen Erdtrabanten ins All schoss.

Gagarins Erdumrundung

Am 12. April 1961 - etwas mehr als einen Monat nach seinem 27. Geburtstag - hob Gagarin, ein ausgebildeter Pilot, um 9.07 Uhr Moskauer Zeit mit einer „Wostok“-Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur im heutigen Kasachstan ab.

„Nu pojechali!“, rief Gagarin, „Los geht’s!“ - im vollen Bewusstsein, dass die Reise auch tödlich enden konnte, wie ein nun erstmals veröffentlichter Abschiedsbrief an seine Frau und die Töchter zeigt. Um 10.55 Uhr landete er wohlauf in dem Ort Smelowka im Gebiet Saratow, nachdem seine Raumkapsel einmal die Erde umrundet hatte - als Held der Sowjetunion.

„Der Kolumbus des Kosmos“

„Der Kolumbus des Kosmos!“, jubelten die Zeitungen damals. Und sie lobten Gagarins Heldentat als neuen Ansporn für den Aufbau des Kommunismus. Allerdings weist der Journalist Anton Perwuschin in seinem neuen Buch „108 Minuten, die die Welt veränderten“ (so lange dauerte Gagarins Flug, Anm.) darauf hin, dass Gagarin von den kommunistischen Machthabern vor allem für eine Propagandaschlacht gegen den Westen genutzt wurde.

Kosmonaut Yuri Gagarin

AP

Kosmonaut Juri Gagarin nach seinem triumphalen Flug

Die Identität des Chefkonstrukteurs und Raketenbauers Sergej Koroljow dagegen wurde damals wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Dabei galt gerade Koroljow als das Superhirn, das im Wettlauf zu den Sternen die USA ausstach.

Der Wettlauf der Systeme

Wenige Wochen nach Gagarin flog Alan Shepard als erster US-Amerikaner ins All. Doch erst 1969 gelang den USA im Wettlauf der Systeme mit der Mondlandung von Neil Armstrong ein wirklicher Coup. Am 12. April 1981 schickten sie dann mit dem Spaceshuttle die erste Raumfähre ins All.

Für die Sowjetunion hingegen begann Mitte der 1980er Jahre mit dem Machtantritt von Michail Gorbatschow eine Zeit gravierender politischer Umbrüche und finanzieller Not. Die Weltraumforschung blutete aus. Dank hoher Rohstoffpreise besinnt sich das erdölreiche Russland erst heute wieder richtig auf seine Tradition. Eindringlich sind zum Gagarin-Jubiläum daher auch die Appelle für einen Aufbruch zu neuen Weltraumabenteuern.

„Ambitioniertes Programm“ soll her

Nötig sei etwa ein „ambitioniertes Programm zur Erkundung des Mondes“, um das Feld nicht China und den USA zu überlassen, sagte der Leiter des Kosmonauten-Ausbildungszentrums, Sergej Krikaljow.

Ähnlich, wie in den USA nun die Spaceshuttles außer Dienst gestellt werden, brauche auch Russland endlich einen „würdigen Ersatz“ für seine schon seit 1967 eingesetzten „Sojus“-Kapseln. Krikaljow sieht auch die Zeit gekommen, im All selbst die Infrastruktur auszubauen, um Kosten und Wege zu sparen - etwa mit einem neuen Kosmodrom im Osten des Landes.

„Kosmonautik“ kleingespart

Bisher starten russische Raketen vom Weltraumbahnhof Baikonur in der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan, wo Pachtgebühren anfallen. Im äußersten Osten Russlands ist nun ein neuer Weltraumbahnhof in Wostotschni im Bau - zusätzlich zu dem vor allem für militärische Zwecke genutzten in Plessezk.

Die Kritik, dass es in der russischen „Kosmonautik“ zu wenige neue Projekte gebe, hält Krikaljow für berechtigt. „Gründe dafür gibt es viele - die Krise der 1990er Jahre und den Abgang zahlreicher Spezialisten.“ Vieles sei im Planstadium hängen geblieben. Bis heute fehle es an klaren Zielvorstellungen und Aufgaben für die russische Weltraumforschung. Und auch die Bezahlung der Ingenieure sei unzureichend. Der Weltraumexperte Viktor Chartow fordert zudem viel mehr Investitionen in die Entwicklung von Robotern.

Große Pläne für Mars-Mission

Chartow, Chefkonstrukteur und Generaldirektor des Forschungs- und Entwicklungszentrums Lawotschkin, hält es für verfrüht, über einen bemannten Mars-Flug nachzudenken. „Das ist totaler Unsinn“, sagte er, während in einem Labor in Moskau bei dem Experiment „Mars500“ sechs Freiwillige in Isolation eine Reise zum Mars simulieren.

Bei einer Mars-Mission könne ein Roboter alle Aufgaben erledigen. Ein bemannter Flug zum Mars hingegen mache nur Schwierigkeiten, weil Raumfahrer Nahrung, Wasser und Sauerstoff brauchen.

Mond als Etappenziel

Zum Jubiläum von Gagarins Flug nimmt Russland vor allem den Mond ins Visier. In fünf bis zehn Jahren könne eine bemannte Mondexpedition starten, sagte Krikaljow der Zeitung „Iswestija“. Der Chefastronom der russischen Akademie der Wissenschaften, Andrej Finkelstein, sieht gute Chancen, dass bis spätestens 2030 auf dem Mond ein Observatorium steht. „Das ist keine Fantasie“, betonte er. Von dort aus lasse sich am besten nach anderen Planeten und außerirdischen Zivilisationen suchen.

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