Veränderung ist erwartet worden
Im Finanzministerium sieht man die Anpassung des Defizits mit einem „weinenden und einem lachenden Auge“, sagte Ressortsprecher Harald Waiglein am Donnerstag gegenüber der APA. Zwar sei man über die Erhöhung des Defizits nicht erfreut, doch sei es positiv, dass „nicht das volle Drohpotenzial schlagend geworden ist“. Kritik hagelte es von FPÖ und BZÖ.
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Nichts ändere sich an den Erwartungen bezüglich der Erreichung der Maastricht-Vorgaben: Man werde die Grenze von drei Prozent Budgetdefizit erst im Jahr 2013 und nicht schon 2012 unterschreiten. Erfreulich sei, dass die Schulden der KA Finanz (in Höhe von rund 15 Mrd. Euro) nicht eingerechnet werden mussten, sagte Waiglein. „Das zeigt, dass unser Argument, dass die KA Finanz etwas anderes ist als beispielsweise die (deutsche, Anm.) Hypo Real Estate, nicht aus der Luft gegriffen war.“
„Noch immer besser als erwartet“
Außerdem würde sich nach den Neuberechnungen des Defizits auch zeigen, „wie sorgsam und vorsichtig wir budgetiert haben“. Denn trotz der Einrechnung von Schulden der ÖBB, Krankenanstalten sowie des Besserungsscheins der Kommunalkredit liege der Defizitwert jetzt niedriger als in der ursprünglichen Budgeterstellung 2010 angenommen - damals ging man von einem Defizit von 4,7 Prozent im Jahr 2010 aus (nun 4,6 Prozent) und von einem Schuldenstand von 73 Prozent des BIP (nun 72,3 Prozent).
Beide Werte habe man unterschritten und das, obwohl man damals noch keine Ahnung hatte, welche außerbudgetären Schulden dem Staatsschuldenstand zugerechnet werden müssen. „Das zeigt, auf welch sicheren Beinen das österreichische Budget steht“, sagte Waiglein. Gleichzeitig betonte der Sprecher, dass das nun nicht bedeute, dass die Erhöhung des Defizits erfreulich ist, man wäre gerne noch besser. Andererseits zeige das auch, dass man den Entscheid „nicht dramatisieren“ sollte.
2013 unter drei Prozent?
Bei der Unterschreitung des Maastricht-Defizits von drei Prozent des BIP bleiben die Erwartungen des Finanzministeriums unverändert: Die nun erfolgten Entscheidungen verschlechtern demnach das Defizit wie erwartet nicht nur für die vergangenen Jahre, sondern auch in Zukunft.
Das führt dazu, dass man beim Defizit nicht schon 2012 unter die Maastricht-Grenze von drei Prozent des BIP kommen wird, sondern erst 2013. Bei der Budgetklausur im vergangen Oktober in Loipersdorf war man davon ausgegangen, die Maastricht-Grenze bereits 2012 zu unterschreiten. Waiglein sagte dazu, dass man nun wieder beim „ursprünglich erwarteten Pfad des Frühjahrs des Vorjahres“ sei.
Schieder und Lopatka: Waren vorbereitet
Unaufgeregt kommentierten die Finanzstaatssekretäre Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP) die revidierten Defizitzahlen. Man habe das in den laufenden Verhandlungen zum Finanzrahmen mit bedacht, erklärten beide. Das Maastricht-Ziel von weniger als drei Prozent Neuverschuldung werde man ohne ein zusätzliches Sparpaket 2013 erreichen. „Wir haben das erwartet und waren auf diese Frage vorbereitet“, sagte Schieder zur APA. Es gebe keinen Anlass für drastische Budgetmaßnahmen. „Wir haben vor, im Jahr 2013 die Dreiprozentgrenze zu unterschreiten. Bei diesem Ziel bleibt es.“
Uneinigkeit über ÖBB
Jedenfalls, so Schieder, handle es sich bei der Neuberechnung nicht um neu entdeckte Umstände, sondern um eine Revision von volkswirtschaftlichen Kennzahlen. Diese habe weder Auswirkungen auf die Stabilität noch auf die Nachhaltigkeit des Staatshaushalts und der Staatsfinanzen. Auch an der Investitionspolitik der Republik ändere sich nichts, so Schieder in Bezug auf die nun eingerechneten Ausgaben für die ÖBB-Infrastruktur.
Ein wenig anders bewertet das Lopatka. „Ich sehe mich bestätigt, dass gerade beim Schuldentreiber Nummer eins großer Reformbedarf gegeben ist, denn wir wissen ja noch nicht, was in wenigen Jahren sein wird, was den Gesamtschuldenstand der ÖBB betrifft.“
ÖBB zufrieden
Zufrieden zeigen sich auch die ÖBB über die Eingliederung der „bisher ausgelagerten Schulden für Infrastrukturinvestitionen in den Staatshaushalt“. Die Entscheidung sei ein wichtiger Schritt, „Missinterpretationen über die vielzitierten ‚ÖBB-Schulden‘ auszuräumen, bei denen es sich um Investitionen in Infrastrukturprojekte handelt, die der Staat bei den ÖBB beauftragt“.
Regierungsbeschlüsse und mit Mehrheit beschlossene Gesetze seien dafür die Grundlage. Finanzministerium und Infrastrukturministerium seien „direkter Auftraggeber der ÖBB, die für die Finanzierung und die Errichtung von Tunnels, Bahnhöfen und neuen Strecken sorgen, der Investor ist aber die Republik Österreich“.
FPÖ und BZÖ alarmiert
Alarmiert zeigten sich hingegen FPÖ und BZÖ: Die FPÖ habe immer davor gewarnt, dass die ausgelagerten Schulden defizitwirksam würden, so FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache. „Die Schwindeleien und Tricksereien der Bundesregierung würden sich nun rächen", so Strache. Während Österreichs Defizit explodiere," verschenkt der Bundeskanzler unser Geld an Brüssel“, meinte Strache.
BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher sagte, das „Schulden-Versteckspiel“ von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) „hat langsam ein Ende“. Pröll entgleise mittlerweile auch das Budget, und das sei noch lange nicht das Ende. Spätestens 2014 komme der „Schulden-Super-GAU auf Österreich zu, wenn alle versteckten Schulden dem Budget zugerechnet werden müssen“. Pröll habe die Österreicher bewusst hinters Licht geführt und die bisherigen Warnungen des BZÖ immer als Panikmache hingestellt.
Für den grünen Vizeklubchef Werner Kogler zeigt die Revision des öffentlichen Defizits und der Staatsschulden, „dass sich Budgettricks langfristig nicht bezahlt machen“. Die Grünen hätten immer eindringlich davor gewarnt, dass die Bundesregierung mit bewusst geschönten Zahlen operiere. „Die Budgettricksereien, die unter Schwarz-Blau zum Exzess getrieben wurden, sind nun ein für alle Mal enttarnt.“
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