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Eine Reise durch Europa

Einen Film über Europa am Anfang des 21. Jahrhunderts nennt der österreichische Regisseur Nikolaus Geyrhalter sein neues Werk „Abendland“. Eine Reise durch den nächtlichen Kontinent mit starken Bildern - ohne Kommentar, als reine Assoziationsmontage.

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Pulsierende Dienstleistungs- und Wohlstandsgesellschaft, urbane Zivilisation, hedonistischer Vergnügungstempel, Nachtarbeit, Krankheit, Tod, Sprachverwirrung - das sind einige der Momente, die der Regisseur für seinen Film im nächtlichen Europa eingefangen hat.

„Eigentlich muss es das Paradies sein,“ sagt Geyrhalter, „doch das privilegierte Leben funktioniert nur auf dem Prinzip der Exklusivität, des Nicht-Teilens und Nicht-Teilhaben-Lassens. Am Ende des Paradieses steht deshalb ein unüberwindbarer elektrischer Zaun.“

Wer ist drinnen, wer ist draußen?

In Geyrhalters Film spielt auch diese Grenze eine wesentliche Rolle - wer ist drinnen und wer ist draußen? Mit ruhiger Kameraführung und ebenso bedachtsamen Schnitten komponierte der Regisseur ein bildgewaltiges und abendfüllendes Dokument.

Filmszene aus "Abendland"

Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion

Geyrhalter filmt Polizisten beim realistischen Training.

Die genaue Verortung der Schauplätze ist nachrangig - nur in wenigen Szenen kann man durch Dialoge oder unverkennbare Drehorte (wie am Oktoberfest) erkennen, in welchem europäischen Land gerade gelacht, gestorben oder gestritten wird. Die Grenzen in Europa verschwimmen - nur nach außen sind sie starr und fest.

Bedrohliche Abschottung

Auch die Überwachung ist Thema in „Abendland“. Grenzbeamte überwachen mit Monitoren ein Niemandsland, Sicherheitsbeauftragte werten die Bilder einer Überwachungskamera in der U-Bahn aus. Doch die bedrohliche Abschottung bleibt nicht passiv. Geyrhalter filmt eine „Rückkehrberaterin“, die Asylwerber überreden möchte, freiwillig ins Land ihrer Herkunft zurückzukehren.

Mit seiner betont ruhigen Kameraführung und minutenlangen Einstellungen - aus früheren Werken des Regisseurs bekannt - schafft Geyrhalter einen breiten Raum für Assoziationen, hält dabei den Zuschauer aber gleichzeitig auf Distanz. Das einzige und damit auch stärkste Mittel, mit dem er in die Geschichte eingreift, ist die Auswahl der gezeigten Szenen - vermeintlich neutraler Momente.

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