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Die Mission der Überlebenden

Leo Bretholz wurde 1921 in Wien geboren, doch in seine Geburtsstadt will er nie wieder zurückkehren. Zu viele schlechte Erinnerungen verknüpft er mit seiner Jugend in Österreich: Bretholz ist Jude und hat nur durch viel Glück und mehrere Zufälle den Holocaust überlebt.

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Für die Dokumentation „See You Soon Again“ begleiteten die Filmemacher Lukas Stepanik und Bernadette Wegenstein den heute 90-Jährigen, der unermüdlich durch Schulen und Vereine seiner zweiten Heimat Baltimore (USA) zieht und als Zeitzeuge die Schüler mit seinen Berichten aufrüttelt.

Sieben Jahre auf der Flucht

Sieben Jahre war er auf der Flucht, quer durch Europa und den Nazis immer nur einen Schritt voraus. Er versteckte sich in Kellern und auf Dachböden, floh aus einem Deportationszug in Richtung Auschwitz und entwischte aus einem Anhaltelager in Frankreich.

Wenn Bretholz über seine Vergangenheit spricht, weint er nicht. Er sei „overholocausted“ gesteht er, wenn er als lokale Berühmtheit zum x-ten Mal in einem Restaurant auf seine Geschichte angesprochen wird - mit den immer gleichen Fragen. Doch für seine Mission hält er durch und wird nicht müde, dieselben Antworten zu wiederholen: „für das Andenken“ an die Menschen, die weniger Glück hatten und die Verfolgung der Nationalsozialisten nicht überlebten.

Auch Bluma Shapiro entging als polnische Jüdin nur knapp der Ermordung im Zweiten Weltkrieg. Viele Jahre überlebte die heute 88-Jährige als junges Mädchen in Gettos und Konzentrationslagern, darunter mehrere Monate in Auschwitz. Erst nach dem Krieg emigrierte sie in die USA, wo sie bis heute neben Bretholz als Zeitzeugin mit Schülern spricht - „wenn wir es nicht tun, fühlen wir uns schuldig“, sagt sie.

Subtile Erzählform

Stepanik und Wegenstein zeigen mit subtiler Erzählform, ohne direkten Kommentar, die Angst und Überwindung, die es die Überlebenden kostet, ihre Geschichten zu erzählen. Im Fokus steht dabei die Rezeption durch die Jugendlichen und nicht die historischen Fakten der Zeugnisse an sich.

Die Filmemacher blenden die Kontroversen, mit denen die Zeitzeugen konfrontiert sind, genauso wenig aus wie die Grenzen, an die sie stoßen, wenn sie versuchen, ihre Geschichten den Teenagern im amerikanischen Schulalltag weiterzugeben.

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