Französisches Flugzeug abgeschossen?
US-Kriegsschiffe haben am Samstag nach Medienberichten Ziele in Libyen mit Marschflugkörpern bombardiert. Insgesamt seien etwa 110 Tomahawk-Raketen auf 20 libysche Ziele abgefeuert worden. Allerdings könne der Erfolg des Raketenbeschusses erst später ermittelt werden, weil es in dem nordafrikanischen Land noch Nacht sei, erklärte ein Pentagonvertreter. Bodentruppen oder Lufteinheiten seien derzeit nicht im Einsatz.
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Es ist die größte internationale Militärintervention in der arabischen Welt seit dem Einmarsch der US-Truppen in den Irak 2003. US-Vize-Admiral Bill Gortney sagte, die USA nehme nun eine führende Rolle in der Koalition ein. An dem Beschuss libyscher Luftabwehrstellungen habe sich auch ein britisches U-Boot beteiligt. Der US-Einsatz hat den Namen „Odyssey Dawn“ (etwa: Dämmerung einer Odyssee) und wird vom in Stuttgart ansässigen Afrika-Kommando der US-Armee befehligt.
Die Maßnahmen dienten zwei Zielen. Erstens sollten damit weitere Angriffe auf Zivilisten und Oppositionsgruppen vor allem in und um Bengasi verhindert werden. Und zweitens sei beabsichtigt, die Fähigkeit des Regimes einzuschränken, sich gegen die Einrichtung einer Flugverbotszone zur Wehr zu setzen. Beschossen worden seien daher vor allem Ziele an und in der Nähe der Küste. Die Ziele seien in Zusammenarbeit mit den Koalitionspartnern ausgewählt worden.
Es handele sich um die erste Phase einer mehrstufigen Aktion. Im französischen Verteidigungsministerium hieß es, beim Einsatz französischer Kampfjets seien mehrere Panzer Libyens zerstört worden.
TV: Verletzte nach Bombardements
Das libysche Staatsfernsehen meldete, dass „zivile Ziele“ in Tripolis, Bengasi und Misrata von Kampfflugzeugen der „Kreuzzügler“ - also der westlichen Mächte - bombardiert würden. Die offizielle Nachrichtenagentur Jana zitierte einen Sprecher der libyschen Streitkräfte, wonach es Verletzte gab. Al-Jazeera berichtete, dass auch ein Luftwaffenstützpunkt außerhalb Tripolis getroffen worden sei.
Laut Al-Jazeera wurde ein französisches Kampfflugzeug über Libyen abgeschossen. Der Sender beruft sich dabei auf das libysche Fernsehen. Die französische Armee dementierte die Berichte.
Obama: „Können nicht untätig bleiben“
Trotz der von der libyschen Regierung verkündeten Waffenruhe waren die Kämpfe zwischen den Truppen von Al-Gaddafi und Rebellen am Samstag zunächst weitergegangen. Den Aufständischen zufolge rückten Al-Gaddafis Streitkräfte zeitweise in Bengasi ein.

Reuters/Jason Reed
US-Präsident Barack Obama gab den Einsatzbefehl an die US-Streitkräfte für eine „begrenzte Militäroperation in Libyen“. „Diese Aktion hat jetzt begonnen“, sagte Obama am Samstag bei seinem Besuch in Brasilien. „Wir werden keine, ich wiederhole, keine US-Truppen am Boden einsetzen.“ Aber die USA könnten nicht zusehen, wie „Männer und Frauen in Libyen Brutalität und Tod durch die Hand ihrer eigenen Regierung“ ausgeliefert seien.
Erster Schuss am Nachmittag
Frankreich hatte am Samstag als erstes Land mitgeteilt, zum Schutz libyscher Zivilisten Waffengewalt eingesetzt zu haben. Gegen 17.45 Uhr MEZ sei von einem Kampfjet ein erster Schuss abgegeben und das Ziel zerstört worden. Das Einsatzgebiet liege etwa 100 bis 150 Kilometer von der Rebellenhochburg Benghasi entfernt. Zudem hieß es, der französische Flugzeugträger Charles de Gaulle werde Frankreich am Sonntag Richtung Libyen verlassen.
Basis für das militärische Vorgehen ist die Resolution des UNO-Sicherheitsrats vom Donnerstag. Das Gremium hatte die die Einrichtung einer Flugverbotszone in dem nordafrikanischen Land beschlossen, wo Aufständische nach wochenlangen Kämpfen in die Defensive gedrängt worden waren. Zum Schutz von Zivilisten dürften „alle notwendigen Maßnahmen“ ergriffen werden, hieß es in der Resolution.
Al-Gaddafi: Mittelmeer ist „wahres Schlachtfeld“
Das Regime in Libyen sieht sich als Opfer einer „barbarischen Aggression“. „Einige westliche Länder führten Raketenangriffe gegen mehrere Stellen in Tripolis und Misurata durch“, erklärte der Generalsekretär des libyschen Volkskongresses, Mohammed al-Sawi, am späten Samstagabend auf einer Pressekonferenz in Tripolis.

Graphi-Ogre/ORF.at (Montage)
Al-Gaddafi selbst drohte erneut mit Vergeltungsangriffen. Es würden „zivile und militärische Ziele“ im Mittelmeer angegriffen, sagte er am Samstagabend in Tripolis. Das Mittelmeer sei zu einem „wahren Schlachtfeld“ geworden. Die Waffendepots seien geöffnet, um Libyen zu verteidigen. Er rief die Länder Afrikas, aus dem arabischen Raum, Lateinamerikas und Asiens auf, dem libyschen Volk im Kampf gegen den Feind beizustehen.
Rotes Kreuz fordert Rücksicht auf Zivilisten
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) rief alle Parteien auf, während der Kampfhandlungen die humanitäre Lage nicht außer Acht zu lassen. Angesichts der Kämpfe in dicht besiedelten Gebieten seien Zivilisten einem hohen Risiko ausgesetzt. „Die Parteien müssen alle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und ihre Mittel und Methoden der Kriegsführung bedenken, um es so gut wie möglich zu vermeiden, Zivilisten zu treffen“, erklärte Generaldirektor Yves Daccord.
Russland bedauert Militäraktion
Russland kritisierte die internationale Militärintervention am Samstag. „In Moskau bedauern wir diesen bewaffneten Einsatz im Rahmen der UN-Resolution 1973, die in aller Eile beschlossen wurde“, erklärte der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch. Zugleich rief das Außenministerium zu einer schnellstmöglichen Waffenruhe auf. „Wir sind überzeugt, dass das Blutvergießen schnell gestoppt werden muss und die Libyer den Dialog aufnehmen müssen, damit der interne Konflikt dauerhaft gelöst werden kann“, hieß es in der Mitteilung.
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