Die Hochrechnung der Schadenssumme
Wie hoch ist der Schaden der Erdbeben-, Tsunami- und AKW-Katastrophe in Japan - nicht zuletzt auch für die Versicherungsbranche? Von zweistelligen Milliardenbeträgen ist die Rede. Doch Rückversicherer in Europa winken ab. Ein Tsunami falle nicht unter die Deckung - und bei den Folgen von AKW-Unfällen steht wiederum der Staat mit in der Pflicht.
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Alleine an Gebäuden dürfte das Beben von Freitag versicherte Schäden von bis zu 35 Milliarden Dollar angerichtet haben, wie die Experten des auf Risikoanalysen spezialisierten Versicherungsdienstleisters AIR Worldwide am Wochenende errechneten. Die Folgen des Tsunami sowie Schäden an Straßen und Produktionsausfälle in der Industrie kommen hinzu.

AP/The Yomiuri Shimbun
Strittige Frage: Für welche Folgen haften die Versicherer?
UniCredit: Teuerster Versicherungsfall der Welt
Eine Analyse der UniCredit von Montag schätzt wieder so hohe Schäden, wie sie bisher noch kein Unglück verursacht habe. Das bisher „monetär folgenreichste Erdbeben“ sei der Erdstoß im Jänner 1995 im japanische Kobe gewesen, ergab die Analyse der UniCredit. Die Schäden beliefen sich damals demnach auf 100 Milliarden Dollar (heute 72 Mrd. Euro). Aktuell dürften die Schäden demnach aber „deutlich höher“ liegen.
Wie sehr trifft es die Rückversicherer?
Mehr als heiß diskutiert wird die Frage, wie sehr es die Rückversicherer treffen wird. Laut einer Moody’s-Studie hätten die höchsten Belastungen voraussichtlich die größten Rückversicherer der Welt zu tragen. Dabei werden ausdrücklich Marktführer Munich Re sowie Swiss Re und Hannover Rück genannt. Die Höhe der erwarteten Verluste beziffert Moody’s nicht. Große europäische Erstversicherer wie Allianz und Zürich hätten in Japan nur einen geringen Marktanteil.
In der Schaden- und Unfallversicherung beherrschten drei japanische Konzerne nahezu 90 Prozent des Marktes.
Munich Re hält sich mit Schätzungen zurück
Über die Höhe der Schäden hat der börsennotierte weltgrößte Rückversicherer Munich Re noch keine Schätzungen. Angesichts der Schwere und Komplexität der Katastrophe werde es noch eine Weile dauern, bis die Summe der volkswirtschaftlichen Schäden zumindest einigermaßen abzusehen sei, teilte der Konzern in München mit.
Sonderfall Japan
Auch wie groß die Belastungen am Ende für die Rückversicherer sein werden, lasse sich derzeit noch kaum vorhersagen. Es stehe allerdings fest, dass bei Erdbebenschäden im japanischen Privatkundengeschäft nur ein kleiner Teil des Risikos ins Ausland transferiert werde.
Die Unfälle in den Atomkraftwerken müssen die Versicherer hingegen kaum fürchten. „Erwartet wird auch, dass die Auswirkungen der schweren Unfälle in den japanischen Atomkraftwerken die private Versicherungswirtschaft nicht signifikant betreffen werden“, heißt es bei der Munich Re. „Bei der Versicherung von Schäden an den Reaktoren und Gebäuden sind die Folgen von Erdbeben und Tsunamis ausgeschlossen“, erläuterte Dirk Harbrücker, Geschäftsführer der Deutschen Kernreaktor Versicherungsgemeinschaft (DKVG), der „Financial Times Deutschland“.
TEPCO zahlte Schäden zuletzt selbst
Dem Blatt zufolge hat der japanische Kraftwerksbetreiber TEPCO seit September zudem keine Sachversicherung für seine Kraftwerke gekauft, sondern zahlt Schäden an seinen Werken selbst. Dabei beruft sich die Zeitung auf Angaben aus Rückversicherungskreisen. Der größte Teil des Schadens dürfte dem Bericht zufolge auf die Betroffenen und die japanische Regierung entfallen. Die Folgen von Atomunfällen gelten in der Branche als nicht versicherbar. Die Schäden sind kaum zu kalkulieren, die Prämien für eine solche Versicherung würden unermessliche Höhen erreichen.
Nach den Erdbeben in Chile und Neuseeland hatte sich die Munich Re wie auch andere Versicherer im vergangenen Jahr zunächst deutlich verkalkuliert. Letztlich fielen die Schäden in Chile für die Münchner mit rund einer Milliarde Dollar fast doppelt so hoch aus wie anfangs genannt. Für das Beben in Neuseeland musste der Vorstand die Schadenschätzung mehrere Monate später um die Hälfte nach oben korrigieren.
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