Einbruch nur kurzfristig?
Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt steht unter Schock: Nach dem schweren Erdbeben in Japan fiel in den betroffenen Gebieten der Strom aus und Fabriken wurden geschlossen. Die Auswirkungen der Katastrophe waren weltweit zu spüren - die Aktienmärkte gingen in den Keller. Experten rätseln über die langfristigen Auswirkungen auf die ohnehin angeschlagene Weltwirtschaft.
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„Die Erfahrung aus der Vergangenheit mit ähnlichen Naturkatastrophen zeigt, dass es nur zu einem kurzfristigen Einbruch kommt“, beruhigte Wolfgang Leim, Japan-Experte der deutschen Commerzbank. „Durch den dann folgenden Wiederaufbau dürfte es zu einer umso kräftigeren Erholung kommen“, sagte er. Die Japaner hätten Erfahrungen mit Beben und bisher sei es nie zu nachhaltigen negativen Folgen für die Wirtschaft gekommen. Selbst wenige Monate nach dem schweren Beben von Kobe 1995 sei es wieder aufwärtsgegangen.
Kein Schaden für Weltwirtschaft?
Ähnlich äußerte sich der Experte Ulrich Schuh vom Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien. Zunächst werde die Wettbewerbsfähigkeit des Landes beeinträchtigt, langfristig gebe es durch den Wiederaufbau aber positive Folgewirkungen. Gefordert sei nun die japanische Regierung, die nach der Katastrophe mehr öffentliche Mittel zur Verfügung stellen müsse, sagte Schuh.
Die internationale Wirtschaft werde von der vorübergehenden Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit Japans aufgrund der Erdbebenkatastrophe wirtschaftlich gesehen sogar profitieren: „Dass Leistungen aus dem Ausland zugekauft werden müssen, ist positiv für die Handelspartner Japans“, so der IHS-Experte. Auch daran sehe man, dass das Unglück wirtschaftlich „eine Bilanz mit zwei Seiten“ sei.
Japan ohnehin in der Krise
Das ist sicherlich das Schlimmste, was in Japan passieren konnte, zur denkbar ungünstigsten Zeit", sagte der US-Ökonom Nouriel Roubini gegenüber Bloomberg TV. Japan müht sich gerade, seine drückende Schuldenlast abzubauen, die zu den höchsten der Welt zählt. „Japan hat sich zuletzt aber immer an den Märkten ohne Probleme refinanziert“, konterte Commerzbank-Experte Leim.
Die Bank of Japan teilte bereits mit, sie werde alles tun, um die Stabilität der Finanzmärkte zu sichern und Liquidität bereitzustellen. Der Yen schwächelte dann auch nur kurz und fing sich schnell wieder. Dollar und Euro blieben ebenfalls stabil. „Der nur kurzzeitige Rückgang des japanischen Yen zeigt, dass die Märkte die wirtschaftlichen Folgen nicht so skeptisch beurteilen“, sagte Leim.
Zahlreiche Fabriken stillgelegt
Der Erdstoß hatte den Nordosten Japans am schwersten getroffen, eine Region mit nur geringerem wirtschaftlichem Gewicht. Der Elektronikkonzern Sony schloss nach Bloomberg-Angaben vorübergehend sechs Werke, der Autohersteller Toyota machte drei Fabriken dicht und auch die Wettbewerber Honda und Nissan hielten die Bänder an. In einem Honda-Entwicklungszentrum wurde den Angaben zufolge eine Mitarbeiterin durch eine einstürzende Wand erschlagen und 30 Kollegen verletzt.
Anleger ohnehin nervös
Die Anleger sind allerdings ohnehin nervös wegen der Unruhen im Nahen Osten und der hohen Staatsverschuldung im Euro-Raum und den Vereinigten Staaten. Erst jüngst hatte sich der weltgrößte Anleiheninvestor PIMCO aus US-Staatspapieren verabschiedet. Der US-Hedgefonds-Titan Carl Icahn hatte angekündigt, den Anlegern ihr Geld auszuzahlen und seine Entscheidung auch mit der Sorge um neue wirtschaftliche Turbulenzen begründet. Das Beben in Japan schickte nun weltweit die Börsen auf Talfahrt.
Die größte Unsicherheit herrscht derzeit bei Rückversicherern wie Munich Re und Hannover Rück. Gerade verdauen sie noch die Auswirkungen des Erdbebens in Neuseeland und der Überflutungen in Australien, da richtete der Erdstoß in Japan neuerliche Milliardenschäden an.
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