Chaos und Verwüstung nach Beben
Die Zahl der Todesopfer nach dem Erdbeben in Japan steigt rasant: Allein in den Küstengebieten der japanischen Hafenstadt Sendai wurden laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo 200 bis 300 Leichen gezählt. Sendai wurde vom größten Tsunami mit einer Zehnmeterwelle getroffen. Auch über andere Städte rollten mehr als sieben Meter hohe Wellen hinweg.
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Auch die Küste der südlich der Stadt Sendai gelegenen Präfektur Fukushima wurde von einem sieben Meter hohen Tsunami überflutet. Der japanische Wetterdienst teilte mit, dass auch in der Stadt Soma im Nordosten ein Tsunami mit einer Wellenhöhe von mehr als 7,3 Metern gemessen wurde. Zuvor hatte der öffentlich-rechtliche Fernsehsender NHK von mindestens 90 Todesopfern gesprochen. Die Polizei erklärte, nach vorläufigem Stand gebe es 88 Tote, 349 Vermisste und über 200 Verletzte. Die Polizei hob jedoch hervor, dass es sich um vorläufige Angaben handle, da die Lage sehr unübersichtlich sei.

AP/NHK TV
Riesenwelle trifft Miyagi, wo ein ganzer Zug vermisst wird
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie riesige Wassermassen das Land überfluteten und Hunderte Meter ins Landesinnere vordrangen. Laut Kyodo wurde ein Boot mit 100 Insassen von den Wellen weggespült. In der Küstenregion Miyagi wird ein Zug vermisst, wie Kyodo berichtet. Mehr als 700 Flüge von Japan aus wurden nach Angaben des Transportministeriums gestrichen. Mittlerweile gibt es mehrere Videoaufnahmen von Augenzeugen auf YouTube.
Nachbeben halten Bevölkerung in Atem
Das Beben der Stärke 8,9 löste auch Erdrutsche aus, zahlreiche Gebäude standen in Flammen. Es gab 30 teils schwere Nachbeben. Das schwerste erreichte 40 Minuten nach dem ersten Erdstoß der Stärke 8,9 einen Wert von 7,1. Augenzeugen berichteten, dass die Erde immer wieder bebt. Die Erschütterungen könnten auch in Monaten noch sehr stark sein und eine Magnitude von sieben oder acht erreichen, sagte der Geophysiker Rainer Kind am Freitag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Das Erdbeben ereignete sich gegen 14.45 Uhr Ortszeit (6.45 Uhr MEZ). Das Epizentrum des Bebens lag vor der Küste des Landes. Die Meteorologen sprachen erst von einem Beben der Stärke 7,9, stuften diesen Wert jedoch Freitagfrüh auf 8,9 hoch. Die japanischen Behörden gaben die Stärke des Bebens zuerst mit 8,4 an. Die örtlichen Behörden seien zum Teil nicht in der Lage, den Menschen zu Hilfe zu kommen. Die Katastrophe sei so schlimm, dass selbst örtliche Rettungsdienste zusammengebrochen seien, so NHK.
Millionen ohne Strom
Die Beben ließen auch die Häuser in der rund 400 Kilometer entfernten Hauptstadt Tokio heftig wanken. Millionen Menschen waren ohne Strom, nachdem die Atomkraftwerke abgeschaltet wurden. Es gebe jedoch keine Probleme mit den Anlagen, versicherte Regierungschef Naoto Kan. Die Nahverkehrszüge sowie die U-Bahn in Tokio stellten den Betrieb ein, auch der Tokioter Flughafen Narita und alle Häfen des Landes wurden geschlossen.

Graphi-Ogre
Riesen-Tsunami vor dem Hafen Sendai
Ähnlich gewaltig wie Tsunami 2004
Das Erdbeben in Japan hat Experten zufolge ähnliche Ausmaße wie das verheerende Beben im Dezember 2004 vor Indonesien. Es sei zwar nicht ganz so groß, aber in derselben „Preisklasse“, sagte der Seismologe Michael Weber vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) am Freitag in Potsdam. „Ein Beben, das in dieser Region alle paar hundert Jahre passiert“, sagte Weber der Nachrichtenagentur dpa.
Der GFZ-Forscher Birger-Gottfried Lühr bezeichnete das Beben als „gewaltig“. Er warnte vor den Gefahren durch den ausgelösten Tsunami. „Da hat der ganze Pazifikraum noch ein bisschen mit zu tun.“ Das Beben werde Freitagnachmittag auch die Westküste der USA erreichen.
Vermutlich bisher schlimmstes Erdbeben
Die Regierung in Tokio gehe von der Annahme aus, dass es möglicherweise das bislang schlimmste Erdbeben in der Geschichte Japans sei, sagte der Chefsekretär des Kabinetts, Yukio Edano, nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo. Ministerpräsident Kan ordnete unterdessen an, dass das Militär die größtmöglichen Anstrengungen unternimmt, um auf das Beben zu reagieren, meldete Jiji. Die Regierung habe ein Krisenzentrum unter seiner Führung eingerichtet, sagte der Ministerpräsident.

AP/NHK TV
Die Welle riss alles mit sich.
UNO schickt Einsatzteams
Die Vereinten Nationen bereiteten sich auf die Entsendung von 30 Einsatzteams zur Katastrophenhilfe für Japan vor. „Unsere Experten stehen in engem Kontakt mit den zuständigen Behörden in Japan“, sagte die Sprecherin des UNO-Büros für die Koordinierung humanitärer Einsätze (OCHA), Elisabeth Byrs, in Genf.
Auch die EU sicherte als Reaktion auf die Erbebenkatastrophe dem Land ihre Solidarität zu. „Wir sind zutiefst besorgt über die Nachricht von dem verheerenden Erdbeben“, sagten EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in einer gemeinsamen Erklärung, die am Freitag in Brüssel zu Beginn des EU-Sondergipfels zu Libyen verbreitet wurde. „Falls nötig, stehen wir für jede Unterstützung bereit“, heißt es darin.
Hilfszusagen kamen auch aus den USA: Präsident Barack Obama sprach dem japanischen Volk nach der Erdbebenkatastrophe sein Beileid aus und bot Hilfe an.
Außenministerium in Kontakt mit Österreichern
Ob auch Österreicher von der Katastrophe betroffen sind, war zunächst unklar. Das Außenministerium steht laut Eigenangaben seit Bekanntwerden des Erdbebens mit der dort ansässigen Botschaft in Kontakt. Großteils seien Mobilfunkverbindungen zusammengebrochen und Flughäfen geschlossen. Die Situation an Ort und Stelle sei sehr unübersichtlich. Die Mitarbeiter versuchten dennoch, alle Österreicher zu kontaktieren, von denen bekannt ist, dass sie sich in der Krisenregion aufhalten. Die einzige dem Ministerium bekannte Österreicherin in Sendai sei jedoch auf Urlaub und wohlauf, berichtete der Sprecher des Außenministeriums, Peter Launsky-Tieffenthal, der APA.
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