ÖVP gegen Sanktionen
Der 100. Frauentag wäre ein guter Anlass gewesen, die Neuerungen bei der Frauenquote in den Ministerrat zu bringen. Das wird allerdings noch dauern. „Wir nehmen uns noch einige Tage Zeit“, sagte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sei sie derzeit in „Endverhandlungen“.
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Uneinig sind sich die Koalitionspartner vor allem über das Thema Freiwilligkeit und Sanktionen. Nach dem derzeitigen Stand soll ein Stufenplan kommen. Demnach sollen Frauen bis 2013 ein Viertel der Aufsichtsräte in staatsnahen Unternehmen stellen, ab 2018 dann 30 oder 40 Prozent. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) spricht von einer grundsätzlich richtigen Richtung, weil „Länder, in denen es Quoten gibt, mehr erreichen als Länder, die Debatten darüber vermeiden“.
Mit einer „Zwangsquote“ kann sich Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) nicht anfreunden, mit einer Quote des Bundes schon: „Wir gehen voran. Wo es Staatsbeteiligungen gibt, wird eine Quote kommen.“ Man solle es nicht gleich mit einer Verpflichtung angehen, sondern die Chance ergreifen, sagte er am Dienstag im Anschluss an den Ministerrat.
„Freiwilligkeit führt nicht sehr weit“
Auch für Heinisch-Hosek ist die Selbstverpflichtung ein erster Schritt. Das sei aber noch „Gegenstand von Verhandlungen“. Am liebsten hätte sie eine gesetzliche Regelung, das sei „in Österreich aber nicht möglich“. Umso mehr freut sie sich über „den guten Wind aus Brüssel“, wie sie den Vorstoß von EU-Justizkommissarin Viviane Reding bezeichnete. Von Quoten auf freiwilliger Basis, wie sie derzeit in Österreich geplant sind, hält diese wenig: „Freiwilligkeit führt nicht sehr weit, das haben wir überall in Europa gesehen“ - mehr dazu in oe1.ORF.at
Unterstützt sieht sich Heinisch-Hosek von Reding auch in ihrem Anliegen, nicht nur Staatsbetriebe, sondern auch Privatunternehmen in die Regelung einzubeziehen.
ÖVP gegen Sanktionen
Die EU-Kommissarin hatte der Wirtschaft ein Ultimatum gesetzt, innerhalb eines Jahres deutlichere Fortschritte bei der Besetzung von Frauen in Spitzenpositionen zu machen. Sonst müsse es eine verpflichtende Quotenregelung geben. Ohne Zwang habe es nur einen Zuwachs von 0,5 Prozent gegeben: „Da brauchen wir noch 50 Jahre, bis die Gleichberechtigung erreicht ist. Freiwilligkeit muss gemessen werden.“

Reuters/Nikola Solic
EU-Kommissarin Viviane Reding
Reding kann sich eine Verpflichtung bereits ab 2012 vorstellen. Bis 2015 soll damit der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten von derzeit zehn auf 30 Prozent steigen. 2020 sollen in den Kontrollgremien bereits 40 Prozent der Posten mit Frauen besetzt sein. Wirtschaftsminister Mitterlehner lehnt einen „Wettbewerb in Richtung höhere Quote“ ab. Vielmehr müsse die Kultur geändert werden. Auch Sanktionen kommen für ihn nicht infrage: „Es ist ein Irrtum, dass man eine Quote von Frauen in Aufsichtsräten herbeistrafen kann“, sagte er gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal.
Männer „anspornen“
Das Argument der Wirtschaft, dass es nicht genügend qualifizierte Frauen gebe, lässt Reding nicht gelten. Immerhin seien bereits 60 Prozent der Akademiker weiblich, sagte Reding und pochte auf Konsequenzen: „Wir haben die Frauen zum Universitätsstudium gebracht, jetzt müssen wir sie in der Gesellschaft auf Posten setzen, wo sie das der Gesellschaft zurückgeben können.“
Das bedeute auch, die Männer „anzuspornen“, Frauen einzustellen. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass „mehr Frauen in Entscheidungsgremien für höhere Einnahmen eines Betriebs sorgen“. Je mehr Frauen in Spitzenpositionen rücken, desto eher könne auch die Gehaltsschere kleiner werden.
Das Anfang März in Kraft getretene Gleichbehandlungsgesetz, das mehr Transparenz bei Gehältern - derzeit für Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern - vorsieht, begrüßte Reding hingegen. Heinisch-Hosek will damit auch die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen abbauen.
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