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Geldnot macht erfinderisch

Die Stadt Linz hat mit der Idee, ihre Kasse mit einer Sondersteuer auf Alkohol aufzufüllen, im März für Wirbel gesorgt. Als weitere mögliche Geldquellen wurden unlängst auch eine Abgabe auf Zweitwohnsitze und Radarkontrollen durch Gemeinden ins Spiel gebracht. Eine geplante Straßenbahnachse sollte mit Hilfe einer Nahverkehrssteuer finanziert werden. Der Gemeindebund zeigt sich skeptisch.

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Der Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr und Vizebürgermeister Klaus Luger (beide SPÖ) begründeten ihren Vorstoß mit der Geldnot der Kommunen. Zudem würden auch Jugendliche und Autofahrer angehalten werden, weniger Alkohol zu trinken. Konkret denkt Mayr an einen Aufschlag auf den Nettopreis um 15 Prozent für Bier und Co. in der Gastronomie - eine Maßnahme, die aus seiner Sicht mit EU-Recht kompatibel wäre. Alkohol im Supermarkt oder in der Weinhandlung wäre von der Steuer nicht betroffen - mehr dazu in ooe.ORF.at.

Auch für Graz, Salzburg und Innsbruck denkbar

In Graz, Salzburg und Innsbruck ist man einer solchen Sondersteuer auf Alkohol ebenfalls nicht abgeneigt. Jedoch müsse es eine österreichweite Lösung geben, sagte der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP). Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck) schwebt eine Zweckbindung, etwa für die Infrastruktur oder für soziale Zwecke, vor.

In den Vorarlberger Gemeinden findet das Vorhaben hingegen kaum Nachahmer. Die Gastronomie sei schon genug belastet, sagte etwa der Bürgermeister von Mittelberg, Andi Haid, lieber sollten die Gemeinden ihre Ausgabengestaltung ansehen. Ähnlich sieht das auch der Bürgermeister von Nüziders, Peter Neier. Die Alkoholsondersteuer würde sich gerade für die klassischen Dorfgasthäuser negativ auswirken - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Zuerst Sparmöglichkeiten suchen?

Auch der Gemeindebund hält eine Sonderabgabe in der Gastronomie nicht für sinnvoll, denn Österreich sei ein Tourismusland. „Der Weg kann nicht sein, neue Steuern zu erfinden“, sagte Gemeindebund-Sprecher Daniel Kosak gegenüber ORF.at und wies darauf hin, dass ausgerechnet Linz in keiner schlechten Verfassung sei: Die Finanzkraft betrage hier 1.838 Euro pro Jahr und Einwohner, der Österreich-Schnitt liege bei 1.100 Euro.

Anstatt neue Einnahmequellen zu suchen, plädierte Kosak, sich zuerst Möglichkeiten zum Einsparen zu überlegen. So leiste sich Linz mit Gratiskindergarten und Gratiskindergartenessen einen Luxus, von dem andere Orte nur träumen können.

Kostentreiber Gesundheit und Soziales

Durch eine Alkoholsondersteuer erhofft sich Linz jährlich rund elf Millionen Euro zusätzlich, bei Einnahmen von 473 Millionen Euro jährlich laut Kosak „nicht so rasend viel“. Die enormen Ausgaben, die von Ländern bzw. Bund den Gemeinden vorgegeben werden, würden durch solche Sonderabgaben nicht in den Griff zu bekommen sein. Kostentreiber Nummer eins sind laut Kosek die stark steigenden Pflegekosten in Höhe von 300 bis 500 Millionen Euro. Als Beispiele nannte Kosek auch die Senkung des Kindergartenalters und die Nachmittagsbetreuung in Schulen, wo die Gemeinden mitzahlen müssten.

Finanzausgleich müsste aufgeschnürt werden

Neben der Grund- und Kommunalsteuer zählen derzeit unter anderem Zweitwohnsitz- oder Fremdenverkehrsabgaben zu den „ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben“. Auch hier möchte Linz eine Abgabe einführen. Der Gemeindebund sprach sich aber gegen ein Pauschalrezept aus. Tourismusgemeinden seien mit ganz anderen Problemen konfrontiert als Gemeinden mit wenig bzw. gar keinem Tourismus.

Voraussetzung wäre zudem die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Das dort verankerte freie Beschlussrecht der Gemeinden regelt, welche Abgaben selbstständig im Gemeinderat festgesetzt werden können. Für ein Alkoholsonderabgabe müsste der gesamte Finanzausgleich aufgeschnürt werden, so Kosak. Auch Radarkontrollen durch Gemeinden seien keine Lösung, so Kosek zu weiteren Plänen, die Gemeindekassen aufzufüllen. Und Projekte im öffentlichen Verkehr aus einer eigenen Bim-Steuer zu finanzieren sei ohnehin unwahrscheinlich - mehr dazu in ooe.ORF.at.

Finanzministerium gelassen

Das Finanzministerium gab sich indes gelassen. „Die Gemeinden sind selbst dafür verantwortlich, welche Steuer sie einführen - solange der Bereich nicht mit Bundesabgaben kollidiert“, hieß es aus dem Ressort. Im Übrigen beschließe nicht der Finanzminister Gesetze, sondern der Nationalrat.

Gemeinden in prekärer finanzieller Lage

Laut den im Gemeindefinanzbericht 2010 vorgelegten Zahlen hatten die Kommunen 2009 erstmals eine negative „freie Finanzspitze“. Dabei handelt es sich um jene Mittel, die den Gemeinden für Investitionen zur Verfügung stehen (konkret um den Saldo aus laufenden Einnahmen und Ausgaben abzüglich der Schuldentilgungen). 2008 waren das in Summe noch 549 Millionen Euro, 2009 kippten die freien Mittel ein Jahr früher als erwartet ins Negative (minus sieben Millionen Euro). Für 2010 wurden minus 260 Millionen Euro erwartet, für heuer minus 178 Millionen Euro.

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