Heimische Parteien stehen im Geldregen
Seit 8. April 2003 gelten die Empfehlungen des Europarats gegen Korruption bei der Parteienfinanzierung. In Österreich wurden die Vorgaben, die unter anderem die Offenlegung von Parteispenden und aussagekräftige Parteibilanzen vorsehen, bisher nicht umgesetzt.
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Anders als EU-Richtlinien sind die Empfehlungen des Europarates nicht rechtlich verbindlich. Ihre Umsetzung wird allerdings regelmäßig geprüft, beharrlichen Verweigerern droht ein „Non-Compliance“-Verfahren. In Österreich beginnt die Evaluierung im Juni. Der Bericht wird gegen Jahresende erwartet. Im Folgenden ein Überblick über die Vorgaben des Europarates:
Parteienförderung: Artikel 1 der Empfehlungen sieht die Möglichkeit staatlicher Parteienförderung vor. Demnach sollte der Staat die Parteien durch vernünftige Beiträge („reasonable contributions“) auch finanzieller Natur unterstützen.
Parteispenden: Sie werden in den Artikeln 2 bis 8 geregelt. Deratige Spenden sollen ab einer bestimmten Grenze offengelegt werden. Außerdem werden Spendenobergrenzen angeregt und Maßnahmen zur Verhinderung von Umgehungskonstruktionen gefordert. Als Möglichkeit ist die begrenzte steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden vorgesehen. Spenden durch Staatsunternehmen sollen verboten, Auslandsspenden sowie Zuwendungen durch öffentliche Auftragnehmer beschränkt werden. Die Transparenzregeln sollen für alle mit den Parteien verbundenen Organisationen (also etwa auch für Landesparteien und Vorfeldorganisationen) sowie auch für individuelle Kandidaten und Amtsträger gelten.
Wahlkampfausgaben: Vorgeschlagen werden Ausgabenlimits für Wahlkämpfe, um exzessiven Geldbedarf („excessive funding needs“) von Parteien zu verhindern (Artikel 9). Außerdem sollen Wahlkampfausgaben von Parteien, Kandidatenlisten und Kandidaten gesondert aufgezeichnet und veröffentlicht werden (Artikel 10).
Transparenz: Die Parteien sollen zu einer ordentlichen Buchführung verpflichtet werden und nach Möglichkeit konsolidierte Bilanzen unter Einbeziehung aller Parteiorganisationen (also auch Landes- und Vorfeldorganisationen, Anm.) vorlegen (Artikel 11). Spenden sollen gesondert ausgewiesen und veröffentlicht werden (Artikel 12), auch die Bilanzen sind zumindest jährlich zu veröffentlichen (Artikel 13).
Überwachung und Sanktionen: Überprüft werden sollen die Parteifinanzen durch eine unabhängige Aufsichtsbehörde (Artikel 14). Zur Bekämpfung von illegaler Parteienfinanzierung ist speziell ausgebildetes Personal bei Justiz und Polizei zur Verfügung zu stellen (Artikel 15). Im Fall von Verstößen sind „effektive, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ vorzusehen (Artikel 16).
Österreichische Rechtslage: In Österreich wurden die Vorgaben des Europarats bisher weitgehend ignoriert. Detailliert geregelt sind nur die staatlichen Subventionen für die Parteien: Allein auf Bundesebene werden jährlich rund 16,2 Mio. Euro an Parteienförderung ausgezahlt, 11,6 Mio. Euro für die Parteiakademien (Stand 2010) und weitere 19 Mio. Euro für die Parlamentsklubs (Stand 2011). Dazu kommen weitere Förderungen in Ländern, Gemeinden und Kammern. Diesen großzügigen Förderungen stehen allerdings bisher kaum Auflagen zur Korruptionsbekämpfung gegenüber.
Laut Berechnungen des Politikwissenschaftlers Hubert Sickinger flossen 2008 de facto beachtliche 137 Mio. Euro Staatsgeld an die Parteien - mehr als im ungleich größeren Deutschland (133 Mio. Euro).
Beschränkungen für Parteispenden (etwa ein Spendenverbot für Staatsfirmen und öffentliche Auftragnehmer) gibt es nicht, die Identität der Spender wird nicht offengelegt (Spenden ab 7.260 Euro müssen dem Rechnungshof gemeldet werden, der die Liste jedoch unter Verschluss halten muss). Auch die jährlichen Parteibilanzen („Rechenschaftsberichte“) sind nur begrenzt aussagekräftig, zumal Landesparteien und Teilorganisationen darin nicht erfasst werden. Selbst Sanktionen für falsche Rechenschaftsberichte sind nicht vorgesehen - mit Entzug von Fördermitteln bestraft würden die Parteien nur, wenn sie überhaupt keine Bilanz vorlegen würden.
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